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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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166"Sie ist mir nicht egal und du auch nicht, das könnt ihr mir glauben.""Aber selbst, wenn du im ersten Moment am Leben bleibst: Wie, denkst du, geschiehtdas? Tausende von Frauen sehen euch zu, sehen dich..." Er stutzte, dann lachte erplötzlich und grinste. "Aber klar doch! Es ist von einer höheren Warte aus gesehenwirklich egal, was dir passiert, ob die neue Oberpriesterin dich tötet oder nicht,tausende Frauen und Männer werden es sehen. Es wird wie ein Lauffeuer von Mund zuMund gehen: Auf dem Constantia-Kalitempel ist eine Frau geopfert worden!" Er schlugmir auf die Schulter. "Eine von uns." Er lächelte auf seine nette Art. "Ihr Künstler seiddoch alle eitel. Welch kluge Ambivalenz! Was immer geschieht: Ob Nein, ob Ja, du wirstdas letzte Wort behalten! Selbst wenn du stirbst. Ich hoffe nur, dass dich einefanatisierte Menge nicht in der Luft zerreisst.""Da sei Maya Margasdott ab Sarga vor.""Und die Grosse Göttin auch.""Gut." Er zog mich von dem Deckenlager hoch, das wir uns im Laufe dieser seltsamenNacht hergerichtet hatten. "Im Grunde sind unsere letzten Schritte nicht so kompliziert:Morgen früh bekommen wir eine Mahlzeit. Sie ist mit Schmerz stillendenBeruhigungsdrogen durchsetzt. Danach meditieren wir und werden von einer Rikschamit Ordonanz abgeholt. Vorher reicht man uns die heiligen Gewänder und die Kutte, diewir anlegen müssen. Gegen Sonnenuntergang bringt man uns nach Constantia. DieNacht sind wir unter der Tempelpyramide, da holen sie uns beim Sonnenaufgang hochaber die letzten <strong>St</strong>ufen gehen wir alleine. Ich habe das drei Mal zur Probe durchspielenmüssen. Im Grunde genommen ist diese Choreografie nicht so schwer, man hat ja nichtden Zwang zu würdevollem Auftreten.""Das heisst, ab morgen früh wird gehungert, um die <strong>Dr</strong>ogen zu vermeiden. Ich braucheschon einen klaren Kopf.""Ich werde dich vor allen Dingen in meinen Räumen bis zur Kuttenübergabe versteckenmüssen! Den heiligsten Opferheros kennt hier jeder! Danach verhüllt die Kutte denganzen Körper und das ganze Gesicht. <strong>Dr</strong>üben die Elevinnen lassen sich vielleichttäuschen, die haben uns ja nur von Ferne gesehen oder im Dunklen gespürt.""Bei Nacht sind alle Heroen grau." Grinste ich."Und aus der Ferne bei Tage kahl." Ergänzte Pan-Ten."Komm', ich habe ein Schlafgemach." Er stand auf und ging zur Türe, die in den zweitenRaum hineinführte. "Da legst du dich flach unter meine Pritsche und ich lasse dieDecken herunterhängen. Es ist sowieso unwahrscheinlich, dass dort jemandhineinschaut. Ich will den Eindruck erwecken, <strong>als</strong> hätte ich die ganze Nacht gebetet.""Du verrätst mich nicht?" Ich schaute ihn unsicher an."Wer würde das Leben verraten, wenn er es kennen gelernt hat? Schlaf' ruhig unter derPritsche. Ich räume mein Gebetszimmer auf und bete zur Göttin, dass auch du lebenddavon kommst." Er stockte, unter der Tür schaute er sich noch mal um. "DeineGeschichte hat mich überzeugt, sie war das Leben." Er verschwand.Ich schaffte es tatsächlich, unter seiner Pritsche einige <strong>St</strong>unden zu schlafen. Es brauchteauch nicht viel dazu, nach all diesen Anstrengungen. Am Morgen wachte ich davon auf,wie irgendwelche Ordonanzen ihm das Essen in seinen Meditationsraum stellten undnach seinen Wünschen fragten."Ich will schweigend gehen und blind gegen die Verlockungen der Welt. Sprecht mich

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