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vollständig als pdf - Dr. Martina Schäfer, St. Gallen

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160Käppi, Bolero und Betäubungsstab versorgte ich hinter den Sitzen, stieg aus undhuschte zu den Pavillons zurück, um das Zimmer des Oberheroen zu finden. Über demEingang des grössten Pavillons war ein Blumengebinde angebracht, zwei stilisierte,gekreuzte Messer in einem Kranz aus roten Rosen. Der obere Teil der Türe trug diegeschnitzte Gestalt der vielarmigen Kali, wie sie ihre Kinder frisst.Ich schaute vorsichtig durch ein halb offenes Fenster hinein:Der junge Mann war wach. Es sass im Schneidersitz in einem fast leeren Raum, zweiKerzen erleuchteten schwach einen kleinen Altar vor ihm. Hinten an den Wänden lagenaufgerollte Decken und Sitzpolster. Vermutlich sein eigener Gebetsraum, den alleine zubenutzen eines der Heroenprivilegien war.Im fahlen Licht mit dem kurz rasierten Schädel und der rituellen weissen Toga sah eraus, wie Mönche immer aussehen, egal in welchen Zeiten und unter welchengesellschaftlichen Bedingungen auch: Einsam, hungrig und klug.Plötzlich wusste ich, wie ich ihn überzeugen konnte und an ein Leben zurück binden,das er eigentlich nie gehabt hatte. Es war eine Methode, die wahrscheinlich mehrbedeutete <strong>als</strong> über meinen eigenen Schatten zu springen, nämlich das anzuwenden,was ich in der seltsamen Resozialisierungsvilla und auch durch den doppeldeutigenUnterricht von Pater John leider hatte lernen dürfen: Menschen auf sexueller Ebene zugebrauchen, um die eigenen Ziele durchzusetzen.Ehe ich noch lange nachdenken konnte, sprang ich über die Fensterbank, schlug dieFenster zu und liess ein Bastrouleau herunterschnappen, so dass von Aussen niemandhereinschauen konnte.Der Heros fuhr bei diesem Geräusch herum und starrte mich an. Er wollte aufspringen,schreien, doch ich legte rasch den Finger auf den Mund und starrte ihn zwingend an."Ich bin das Geheimnis eurer letzten Nacht, weisst du das nicht?"Der Opferbereite schaute mich verwirrt an und schüttelte den Kopf. Ich musste aufseine jahrelang geübte Gehorsamstradition bauen, obwohl ich durch Jan-San oder auchKai-Ten, den Hilfslehrer von Udars, wusste, wie brüchig die sein konnte."Was heisst das, Schüler! Warum störst du mich in meinen letzten Gebeten?""Woran siehst du, dass ich ein Schüler bin?"Er lachte kurz auf."Dein <strong>St</strong>oppelkopf, deine normale Kleidung. Du riechst noch wie ein Junge aus denBauerndörfern! Du musst noch nicht lange bei uns sein, da du nicht zu wissen scheinst,wer ich bin.""Doch, das weiss ich wohl, aber du weisst nicht, wer ich bin. Der Schein dieser Welttrügt dich. Sollte es sein, dass selbst in dieser letzten Nacht die Täuschungen der Weltschwerer wiegen wie das Aufgehen im Allatem Kalis?" Ich schaute drohend und erblickte mich irritiert von unten herauf an."Du scheinst in der Tat nicht genau das zu sein, was du darstellst."Ich trat auf ihn zu und dämpfte meine <strong>St</strong>imme zu einem Flüstern herab."Ich bin das Leben. Ich bin geschickt <strong>als</strong> deine letzte Versuchung. Ich bin das Leben,das du dir noch wünschst." Ich liess mich neben ihn gleiten und fasste seinen Kopf. "Duhattest eine Begegnung im Heiligen Hain?""Ja, natürlich.""Hat es dir gefallen?"

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