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Das Buch der Geister

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1008. Hängt die Dauer <strong>der</strong> Leiden stets vom Willen des<br />

Geistes ab und gibt es nicht solche, die ihm für eine bestimmte<br />

Zeit auferlegt werden?<br />

"Ja, Strafen und Leiden können ihm für eine zeitlang auferlegt<br />

werden, aber Gott, <strong>der</strong> nur das Beste seiner Geschöpfe<br />

will, nimmt stets die Reue an, und die Sehnsucht, besser zu<br />

werden, ist niemals unfruchtbar."<br />

1009. Darnach würden die Leiden nie für die Ewigkeit<br />

verhängt?<br />

,,Fragt eure Vernunft, euren gesunden Sinn und bedenkt,<br />

ob eine eurige Verdammnis für einige Augenblicke <strong>der</strong> Verirrung<br />

nicht ein Leugnen <strong>der</strong> Güte Gottes wäre? Was bedeutet<br />

in <strong>der</strong> Tat die Dauer des Lebens und betrüge sie auch hun<strong>der</strong>t<br />

Jahre, gegenüber <strong>der</strong> Ewigkeit? Endlose Leiden und Qualen<br />

ohne Hoffnung, für einige Verirrungen! Weist euer Urteil einen<br />

solchen Gedanken nicht zurück? <strong>Das</strong>s die Alten im Herrn<br />

<strong>der</strong> Welt einen schrecklichen Gott erblickten, das lässt sich<br />

begreifen: in ihrer Unwissenheit legten sie <strong>der</strong> Gottheit<br />

menschliche Leidenschaften bei; das ist aber dann nicht <strong>der</strong><br />

Gott <strong>der</strong> Christen, welcher Liebe, Erbarmen, Vergessen <strong>der</strong><br />

Beleidigungen zu den ersten Tugenden rechnet: sollte er<br />

selbst <strong>der</strong> Eigenschaften entbehren, die er als Tugenden bezeichnet?<br />

Ist es nicht ein Wi<strong>der</strong>spruch, ihm unendliche Güte<br />

und unendliche Rache zuzuschreiben? Ihr sagt, vor allem sei<br />

er gerecht, und <strong>der</strong> Mensch begreife seine Gerechtigkeit<br />

nicht. Aber Gerechtigkeit schließt Güte nicht aus, und er wäre<br />

nicht gut, wenn er die Mehrzahl seiner Geschöpfe ewigen<br />

schrecklichen Strafen und Leiden weihen würde. Könnte er<br />

seine Kin<strong>der</strong> zur Gerechtigkeit verpflichten, wenn er ihnen<br />

nicht auch die Mittel, sie zu erkennen, verliehen hätte? Kann<br />

es übrigens eine erhabenere Vereinigung von Gerechtigkeit<br />

und Güte geben, als die Länge <strong>der</strong> Leiden von den Bemühungen<br />

des Schuldigen, sich zu bessern, abhängig zu machen?<br />

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