12.04.2023 Aufrufe

Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

werden. Seine Anhänger sollten ebenfalls gefangengesetzt und ihr Eigentum beschlagnahmt<br />

werden. Seine Schriften sollten vernichtet und schließlich alle, die es wagen würden, diesem<br />

Erlaß entgegenzuhandeln, in seine Verurteilung eingeschlossen werden. <strong>Der</strong> Kurfürst von<br />

Sachsen und die Fürsten, die Luther am günstigsten gesonnen waren, hatten Worms bald<br />

nach seiner Abreise verlassen. <strong>Der</strong> Reichstag bestätigte nun den Erlaß des Kaisers.<br />

Jetzt frohlockten die Römlinge. Sie betrachteten das Schicksal der Reformation für<br />

besiegelt. Gott hatte für seinen Diener in dieser Stunde der Gefahr einen Weg der Rettung<br />

vorbereitet. Ein wachsames Auge war Luthers Schritten gefolgt, und ein treues und edles<br />

Herz hatte sich zu seiner Rettung entschlossen. Es war deutlich, daß Rom nichts Geringeres<br />

als seinen Tod fordern würde; nur indem er sich verbarg, konnte er vor dem Rachen des<br />

Löwen bewahrt werden. Gott gab Friedrich von Sachsen Weisheit, einen Plan zu entwerfen,<br />

der den Reformator am Leben erhalten sollte. Unter der Mitwirkung treuer Freunde wurde<br />

des Kurfürsten Absicht ausgeführt und Luther erfolgreich vor Freunden und Feinden<br />

verborgen. Auf seiner Heimreise wurde er gefangengenommen, von seinen Begleitern<br />

getrennt und in aller Eile durch die Wälder nach der Wartburg, einer einsamen Burgfeste,<br />

gebracht. Seine Gefangennahme und auch sein Verschwinden geschahen unter so<br />

geheimnisvollen Umständen, daß selbst Friedrich lange nicht wußte, wohin Luther entführt<br />

worden war. Mit voller Absicht blieb der Kurfürst in Unkenntnis; denn solange er von<br />

Luthers Aufenthalt nichts wußte, konnte er keine Auskunft geben. Er vergewisserte sich,<br />

daß der Reformator in Sicherheit war, und damit gab er sich zufrieden.<br />

Frühling, Sommer und Herbst gingen vorüber, der Winter kam, und Luther blieb noch<br />

immer ein Gefangener. Aleander und seine Anhänger frohlockten, daß das Licht des<br />

Evangeliums dem Verlöschen nahe schien. Statt dessen aber füllte der Reformator seine<br />

Lampe aus dem Vorratshaus der Wahrheit, damit ihr Licht um so heller leuchte. In der<br />

freundlichen Sicherheit der Wartburg erfreute sich Luther eine Zeitlang eines Daseins ohne<br />

die Hitze und das Getümmel des Kampfes. Aber in der Ruhe und Stille konnte er nicht lange<br />

Befriedigung finden. An ein Leben der Tat und harten Kampfes gewöhnt, konnte er es<br />

schwer ertragen, untätig zu sein. In jenen einsamen Tagen vergegenwärtigte er sich den<br />

Zustand der Kirche, und er rief in seiner Not: „Aber, es ist niemand, der sich aufmache und<br />

zu Gott halte oder sich zur Mauer stelle für das Haus Israel an diesem letzten Tage des<br />

Zorns Gottes!“<br />

Wiederum richteten sich seine Gedanken auf seine Person, und er fürchtete, er könnte<br />

durch seinen Rückzug vom Kampf der Feigheit beschuldigt werden. Dann machte er sich<br />

Vorwürfe wegen seiner Lässigkeit und Bequemlichkeit. Und doch vollbrachte er zur selben<br />

Zeit täglich mehr, als ein Mann zu leisten imstande schien. Seine Feder war nie müßig.<br />

Während seine Feinde sich schmeichelten, ihn zum Schweigen gebracht zu haben, wurden<br />

sie in Erstaunen versetzt und verwirrt durch handgreifliche Beweise seines Wirkens. Eine<br />

Fülle von Abhandlungen , die aus seiner Feder flossen, machten die Runde durch ganz<br />

Deutschland. Vor allem leistete er seinen Landsleuten einen außerordentlich wichtigen<br />

113

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!