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Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

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<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

Auf diese Weise fand das Licht seinen Weg in viele der entlegensten Provinzen Frankreichs.<br />

Gott bereitete noch immer Mitarbeiter darauf vor, seine Sache auszudehnen. In einer der<br />

Schulen in Paris war ein tiefsinniger, ruhiger Jüngling, der bereits Beweise eines gewaltigen,<br />

durchdringenden Verstandes gegeben hatte und sich nicht weniger durch die Reinheit seines<br />

Lebens als durch vernünftigen Eifer und religiöse Hingabe auszeichnete. Seine Talente und<br />

sein Fleiß machten ihn bald zum Stolz der Schule, und man sagte sich zuversichtlich, daß<br />

Johannes Calvin einer der tüchtigsten und geehrtesten Verteidiger der Kirche werden würde.<br />

Aber ein Strahl göttlichen Lichtes durchdrang sogar die Mauern der Schulweisheit und des<br />

Aberglaubens, von denen Clavin umgeben war. Mit Schaudern hörte er von den neuen<br />

Lehren, ohne den geringsten Zweifel zu hegen, daß die Ketzer das Feuer, dem sie übergeben<br />

wurden, vollständig verdienten. Ganz unwissentlich jedoch kam er mit der Ketzerei<br />

unmittelbar in Berührung und wurde gezwungen, die Macht der päpstlichen Theologie zu<br />

prüfen, um die protestantischen Lehren zu bekämpfen.<br />

Ein Vetter Calvins, der sich der Reformation angeschlossen hatte, befand sich in Paris.<br />

Die beiden Verwandten trafen sich oft und besprachen miteinander die Angelegenheiten,<br />

welche die Christenheit beunruhigten. „Es gibt nur zwei Religionen in der Welt“, sagte<br />

Olivetan, der <strong>Protest</strong>ant, „die eine ist die, welche die Menschen erfunden haben und nach<br />

der die Menschen sich durch Zeremonien und gute Werke retten; die andere ist die Religion,<br />

welche in der Bibel offenbart ist und die lehrt, daß die Menschen nur durch die freie Gnade<br />

Gottes selig werden können.“<br />

„Weg mit euren neuen Lehren!“ rief Calvin. „Bildet ihr euch ein, daß ich mein ganzes<br />

Leben lang im Irrtum gewesen bin?“ Aber in ihm waren Gedanken erweckt worden, die er<br />

nicht willkürlich verbannen konnte. Allein in seinem Zimmer, dachte er über die Worte<br />

seines Vetters nach. Ein Bewußtsein der Sünde bemächtigte sich seiner; er sah sich ohne<br />

Mittler in der Gegenwart eines heiligen und gerechten Richters. Die Fürsprache der Heiligen,<br />

gute Werke, die Zeremonien der Kirche, sie alle waren machtlos, für die Sünde Genugtuung<br />

zu leisten. Calvin sah nichts vor sich als das Dunkel ewiger Verzweiflung. Vergebens<br />

bemühten sich die Gelehrten der Kirche, seiner Angst abzuhelfen, vergebens nahm er seine<br />

Zuflucht zu Beichte und Bußübungen: seine Seele konnten sie nicht mit Gott versöhnen.<br />

Während Calvin noch diese vergeblichen Kämpfe durchlebte, kam er eines Tages wie<br />

von ungefähr an einem der öffentlichen Plätze vorbei und wurde dort Augenzeuge der<br />

Verbrennung eines Ketzers. Er war betroffen über den Ausdruck des Friedens, der auf dem<br />

Angesicht des Märtyrers ruhte. Unter den Qualen jenes furchtbaren Todes und unter der<br />

noch schrecklicheren Verdammung der Kirche bekundete er einen Glauben und Mut, den<br />

der junge Student schmerzlich mit seiner eigenen Verzweiflung und Finsternis verglich,<br />

während er doch in strengstem Gehorsam gegen die Kirche lebte. Auf die Bibel, so wußte er,<br />

stützten die Ketzer ihren Glauben, und er entschloß sich, die Heilige Schrift zu studieren,<br />

um womöglich das Geheimnis ihrer Freude zu entdecken.<br />

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