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Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

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<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

Kapitel 10- Fortschritt der Reformation in Deutschland<br />

Ganz Deutschland war bestürzt über Luthers geheimnisvolles Verschwinden. Überall<br />

forschte man nach seinem Verbleib. Die wildesten Gerüchte wurden in Umlauf gesetzt, und<br />

viele glaubten, er sei ermordet worden. Es erhob sich großes Wehklagen, nicht nur unter<br />

seinen offenen Freunden, sondern auch unter Tausenden, die sich nicht öffentlich zur<br />

Reformation bekannt hatten. Manche banden sich durch einen feierlichen Eid, seinen Tod zu<br />

rächen. Die römischen Machthaber sahen mit Schrecken, bis zu welcher Stärke die<br />

Stimmung gegen sie angeschwollen war. Obgleich sie anfangs über den vermeintlichen Tod<br />

Luthers frohlockten, wünschten sie bald, sich vor dem Zorn des Volkes zu verbergen. Seine<br />

Feinde waren durch die kühnsten Handlungen während seines Verweilens unter ihnen nicht<br />

so beunruhigt worden wie durch sein Verschwinden. Die in ihrer Wut den kühnen<br />

Reformator umbringen wollten, wurden mit Furcht erfüllt, als er ein hilfloser Gefangener<br />

war. „Es bleibt uns nur das Rettungsmittel übrig“, sagte einer, „daß wir Fackeln anzünden<br />

und Luther in der Welt aufsuchen, um ihn dem Volke, das nach ihm verlangt,<br />

wiederzugeben.“ <strong>Der</strong> Erlaß des Kaisers schien wirkungslos zu sein, und die päpstlichen<br />

Gesandten zeigten sich entrüstet, als sie sahen, daß dem Erlaß des Kaisers weit weniger<br />

Aufmerksamkeit geschenkt wurde als dem Schicksal Luthers.<br />

Die Kunde, daß er, wenngleich ein Gefangener, doch in Sicherheit sei, beruhigte zwar<br />

die Befürchtungen des Volkes, steigerte aber noch dessen Begeisterung für ihn. Seine<br />

Schriften wurden mit größerem Verlangen gelesen als je zuvor. Eine stetig wachsende Zahl<br />

schloß sich der Sache des heldenmütigen Mannes an, der gegen eine so ungeheure<br />

Übermacht das Wort Gottes verteidigt hatte. Die Reformation gewann fortwährend an<br />

Stärke. <strong>Der</strong> von Luther gesäte Same ging überall auf. In seiner Abwesenheit wuchs eine<br />

Bewegung, die sich in seiner Anwesenheit niemals entfaltet hätte. Andere Mitarbeiter<br />

fühlten jetzt, da der große Reformator verschwunden war, eine ernste Verantwortlichkeit.<br />

Mit neuem Glauben und Eifer strebten sie voran, um alles in ihrer Macht stehende zu tun,<br />

damit das so vortrefflich begonnene Werk nicht gehindert würde.<br />

Satan war jedoch auch nicht müßig. Er versuchte, was er bei jeder andern<br />

Reformbestrebung versucht hatte — das Volk zu täuschen und zu verderben, indem er an<br />

Stelle des wahren Werkes eine Nachahmung unterschob. Wie im ersten Jahrhundert der<br />

christlichen Gemeinde immer wieder falsche Christusse aufstanden, so erhoben sich auch im<br />

sechzehnten Jahrhundert verschiedene falsche Propheten.Etliche Männer, durch die<br />

Erregung in der religiösen Welt tief ergriffen, bildeten sich ein, besondere Offenbarungen<br />

vom Himmel erhalten zu haben, und erhoben den Anspruch, von Gott beauftragt zu sein,<br />

das Werk der Reformation, das Luther nur eben erst begonnen hatte, zu vollenden. In<br />

Wahrheit rissen sie gerade das nieder, was er aufgebaut hatte. Sie verwarfen den<br />

Hauptgrundsatz, die wahre Grundlage der Reformation — das Wort Gottes als die<br />

allgenügsame Glaubens- und Lebensregel —, und setzten an die Stelle jener untrüglichen<br />

Richtschnur den veränderlichen, unsicheren Maßstab ihrer eigenen Gefühle und Eindrücke.<br />

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