12.04.2023 Aufrufe

Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

verschiedenen Kirchspiele, dann erschienen paarweise Bürger mit Fackeln in den<br />

Händen.“ Ihnen folgten die Vertreter der vier Mönchsorden, jeder in seiner ihm eigenen<br />

Tracht. Dann kam eine große Sammlung berühmter Reliquien. Hinter diesen ritten<br />

Kirchenfürsten in ihren Pupur- und Scharlachgewändern und ihrem Juwelenschmuck —<br />

eine prunkvolle, glänzende Anordnung.<br />

„Die Hostie wurde von dem Bischof von Paris unter einem kostbaren Baldachin, ... der<br />

von vier Prinzen von Geblüt gehalten wurde, einhergetragen ... Hinter der Hostie ging der<br />

König ... Franz I. trug weder Krone noch königliche Gewänder; mit entblößtem Haupt und<br />

gesenktem Blick, in der Hand eine brennende Kerze haltend“, erschien der König von<br />

Frankreich „als ein Büßender“.1 Vor jedem Altar verneigte er sich in Demut, nicht wegen<br />

der Laster, die seine Seele verunreinigten, oder um des unschuldigen Blutes willen, das<br />

seine Hände befleckte, sondern um die Todsünde seiner Untertanen zu versöhnen, die es<br />

gewagt hatten, die Messe zu verdammen. Ihm folgten die Königin und paarweise die<br />

Würdenträger des Staates, jeder mit einer brennenden Kerze.<br />

Als einen Teil des Dienstes an jenem Tage hielt der Monarch selbst im großen Saal des<br />

bischöflichen Palastes eine Ansprache an die hohen Beamten des Reiches. Mit sorgenvoller<br />

Miene erschien er vor ihnen und beklagte mit bewegten Worten „den Frevel, die<br />

Gotteslästerung, den Tag des Schmerzes und der Schande“, der über das Volk<br />

hereingebrochen sei. Dann forderte er jeden treuen Untertanen auf, an der Ausrottung der<br />

verderblichen Ketzerei mitzuhelfen, die Frankreich mit dem Untergang bedrohe. „So wahr<br />

ich euer König bin, ihr Herren, wüßte ich eines meiner eigenen Glieder von dieser<br />

abscheulichen Fäulnis befleckt und angesteckt, ich ließe es mir von euch abhauen ... Noch<br />

mehr: sähe ich eines meiner Kinder damit behaftet, ich würde sein nicht schonen ... Ich<br />

würde es selbst ausliefern und Gott zum Opfer bringen!“ Tränen erstickten seine Rede, die<br />

ganze Versammlung weinte und rief einstimmig: „Wir wollen leben und sterben für den<br />

katholischen Glauben!“<br />

Schrecklich war die Finsternis des Volkes geworden, welches das Licht der Wahrheit<br />

verworfen hatte. „Die heilsame Gnade“ war ihm erschienen; doch Frankreich hatte sich,<br />

nachdem es ihre Macht und Heiligkeit geschaut, nachdem Tausende von ihrem göttlichen<br />

Reiz gefesselt, Städte und Weiler von ihrem Glanz erleuchtet worden waren, abgewandt und<br />

die Finsternis dem Licht vorgezogen. Es hatte die himmlische Gabe von sich gewiesen, als<br />

sie ihm angeboten wurde. Es hatte Böses gut und Gutes böse geheißen, bis es ein Opfer<br />

seiner hartnäckigen Selbsttäuschung geworden war. Und wenn es jetzt auch wirklich<br />

glauben mochte, Gott einen Dienst zu erweisen, indem es dessen Kinder verfolgte, so<br />

konnte seine Aufrichtigkeit doch nicht seine Schuld abtragen. Frankreich hatte das Licht,<br />

das es vor Täuschung und vor dem Makel der Blutschuld hätte bewahren können,<br />

eigenwillig verworfen.<br />

In der großen Kathedrale, wo fast drei Jahrhunderte später die „Göttin der<br />

Vernunft“ von einem Volk auf den Thron gehoben wurde, das den lebendigen Gott<br />

155

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!