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Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

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<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

Hier blieb er einige Monate, sicher unter dem Schutz mächtiger Freunde, und befaßte<br />

sich wie zuvor mit seinen Studien. Aber sein Herz war auf die Verbreitung des Evangeliums<br />

in Frankreich bedacht, er konnte nicht lange untätig bleiben. Sobald der Sturm sich etwas<br />

gelegt hatte, suchte er ein neues Arbeitsfeld in Poitiers, wo eine Universität war, und wo<br />

man die neue Auffassungen bereits günstig aufgenommen hatte. Leute aller Stände<br />

lauschten freudig dem Evangelium. Es wurde nicht öffentlich gepredigt; aber im Hause des<br />

Oberbürgermeisters, in seiner eigenen Wohnung und zuweilen in einer öffentlichen<br />

Gartenanlage erschloß Calvin die Worte des Lebens denen, die sie hören wollten. Als die<br />

Zahl seiner Zuhörer wuchs, hielt man es für sicherer, sich außerhalb der Stadt zu<br />

versammeln. Eine Höhle an der Seite einer tiefen, engen Bergschlucht, wo Bäume und<br />

überhängende Felsen die Abgeschiedenheit vervollständigten, wurde als Versammlungsort<br />

gewählt. Kleine Gruppen, die die Stadt auf verschiedenen Wegen verließen, fanden ihren<br />

Weg dorthin. An diesem abgelegenen Ort wurde die Bibel gelesen und ausgelegt. Hier<br />

wurde zum erstenmal von den <strong>Protest</strong>anten Frankreichs das heilige Abendmahl gefeiert.<br />

Diese kleine Gemeinde sandte mehrere treue Evangelisten aus.<br />

Noch einmal kehrte Calvin nach Paris zurück. Auch jetzt konnte er die Hoffnung noch<br />

nicht aufgeben, daß Frankreich als Ganzes die Reformation annehmen werde. Aber er fand<br />

fast überall verschlossene Türen. Das Evangelium lehren, hieß den geraden Weg auf den<br />

Scheiterhaufen einschlagen, und er entschloß sich schließlich, nach Deutschland zu gehen.<br />

Kaum hatte Calvin Frankreich verlassen, brach der Sturm über die <strong>Protest</strong>anten herein, der<br />

ihn, wäre er länger dort geblieben, sicherlich mit in das allgemeine Verderben gerissen hätte.<br />

Die französischen Reformatoren, die ernstlich wünschten, daß ihr Land mit Deutschland<br />

und der Schweiz Schritt hielte, beschlossen gegen die abergläubischen Gebräuche Roms<br />

einen kühnen Streich zu führen, der die ganze Nation aufwecken sollte. Demgemäß wurden<br />

in einer Nacht in ganz Frankreich Plakate gegen die Messe angeschlagen. Statt die<br />

Reformation zu fördern, brachte jedoch dieser eifrige aber unkluge Schritt nicht nur seinen<br />

Urhebern, sondern auch den Freunden des reformierten Glaubens in ganz Frankreich<br />

Verderben. Er lieferte den Katholiken den schon lange erwünschten<br />

Vorwand, um die gänzliche Ausrottung der Ketzer als Aufrührer, die der Sicherheit des<br />

Thrones und dem Frieden der Nation gefährlich wären, zu verlangen. Von unbekannter<br />

Hand — ob der eines unbesonnen Freundes oder eines verschlagenen Feindes stellte sich nie<br />

heraus — wurde eines der Plakate an der Tür des königlichen Privatgemaches befestigt. <strong>Der</strong><br />

Monarch war entsetzt. In dieser Schrift wurden abergläubische Gebräuche, die<br />

jahrhundertelang bestanden hatten, schonungslos angegriffen. Die beispiellose<br />

Verwegenheit, diese ungeschminkten und erschreckenden Äußerungen vor ihn zu bringen,<br />

erregte seinen Zorn. Vor Entsetzen stand er einen Augenblick bebend und sprachlos, dann<br />

brach seine Wut mit den schrecklichen Worten los: „Man ergreife ohne Unterschied alle, die<br />

des Luthertums verdächtigt sind ... Ich will sie alle ausrotten.“ Die Würfel waren gefallen.<br />

<strong>Der</strong> König hatte entschieden, sich ganz auf die Seite Roms zu stellen.<br />

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