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Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

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<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

Jugend einzuprägen. Von frühester Kindheit an wurden die Kinder in der Heiligen Schrift<br />

unterwiesen und gelehrt, die Forderungen des Gesetzes Gottes unverbrüchlich zu achten. Da<br />

es nur wenige Abschriften der Bibel gab, wurden ihre köstlichen Worte dem Gedächtnis<br />

eingeprägt, und viele Waldenser wußten große Teile des Alten und Neuen Testaments<br />

auswendig. Gedanken an Gott wurden sowohl mit der majestätischen Natur als auch mit den<br />

bescheidenen Segnungen des täglichen Lebens verknüpft. Bereits die Kleinsten wurden<br />

angehalten, dankbar zu Gott als den Geber aller Hilfe und allen Trostes aufzublicken.<br />

Die Eltern, so zärtlich und liebevoll sie auch ihren Kindern entgegenkamen, in ihrer<br />

Liebe zu ihnen waren sie zu klug, um sie daran zu gewöhnen, gegen sich selbst nachsichtig<br />

zu sein. Vor ihnen lag ein Leben voller Prüfungen und Schwierigkeiten, vielleicht der<br />

Märtyrertod. Sie wurden von Kindheit an dazu erzogen, Schwierigkeiten zu ertragen,<br />

etwaige Befehle zu befolgen und doch selbstständig zu denken und zu handeln. Schon früh<br />

wurden sie gelehrt, Verantwortungen zu übernehmen, ihre Worte genau zu wägen und die<br />

Klugheit des Schweigens zu verstehen. Ein unbedachtes Wort, das in Gegenwart von<br />

Feinden fiel, konnte nicht nur das Leben des Sprechers, sondern auch das von Hunderten<br />

seiner Brüder gefährden; denn gleich den Wölfen, die ihre Beute jagen, verfolgten die<br />

Feinde der Wahrheit jene, die es wagten, Glaubensfreiheit zu beanspruchen.<br />

Die Waldenser hatten ihre weltliche Wohlfahrt um der Wahrheit willen geopfert und<br />

arbeiteten mühselig und beharrlich für ihr tägliches Brot. Jeder Fleck bestellbaren Bodens in<br />

den Gebirgen wurde sorgfältig ausgenutzt; die Täler und die wenigen fruchtbaren Abhänge<br />

wurden urbar gemacht. Sparsamkeit und strenge Selbstverleugnung bildeten einen Teil der<br />

Erziehung, die die Kinder als einziges Vermächtnis erhielten. Man lehrte sie, daß Gott das<br />

Leben zu einer Schule bestimmt habe und daß ihre Bedürfnisse nur durch persönliche Arbeit,<br />

durch Vorsorge, Mühe und Glauben gedeckt werden könnten. Wohl war diese Methode<br />

mühevoll und beschwerlich, aber es war heilsam und gerade das, was allen Menschen in<br />

ihrem gefallenen Zustand Not tut; es war die Schule, die Gott für ihre Erziehung und<br />

Entwicklung vorgesehen hatte. Während die Jugend an Mühsal und Ungemach gewöhnt<br />

wurde, vernachlässigte man nicht die Bildung des Verstandes. Man lehrte, daß alle Kräfte<br />

Gott gehören und daß sie für seinen Dienst vervollkommnet und entfaltet werden müssen.<br />

Die Gemeinden der Waldenser glichen in ihrer Reinheit und Schlichtheit der Gemeinde<br />

zu den Zeiten der Apostel. Indem sie die Oberherrschaft des Papstes und seiner<br />

Würdenträger verwarfen, hielten sie die Heilige Schrift für die höchste und einzig<br />

unfehlbare Autorität. Ihre Prediger folgten dem Beispiel ihres Meisters, der nicht gekommen<br />

war, „daß er sich dienen lasse, sondern, daß er diene“. Sie weideten die Herde Gottes, indem<br />

sie sie auf die grüne Aue und zu dem frischen Wasser seines heiligen Wortes führten. Weit<br />

abgelegen von den Denkmälern weltlicher Pracht und Ehre versammelte sich das Volk nicht<br />

in stattlichen Kirchen oder großartigen Kathedralen, sondern im Schatten der Gebirge, in<br />

den Alpentälern oder in Zeiten der Gefahr in dieser oder jener Felsenfeste, um den Worten<br />

der Wahrheit aus dem Munde der Diener Christi zu lauschen. Die Geistlichen predigten<br />

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