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Der Protest_

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

Was geschieht nun also mit der Macht eines Gebieters, der seine Gefolgsleute mit dem Schwert dazu bringt, jeden Glauben auszuüben, den die Kirche vorschreibt, da er davon ausgeht, dass es der eine, wahre Glauben ist, nur weil ihn die Kirche vorschreibt? Auch dies ist entwurzelt und überworfen worden. Das Prinzip also, das so ruhig im Protest eingebettet lag, macht diese doppelte Tyrannei unbedeutend. Der Sitz des Pontifex und das Schwert des Kaisers danken ab und das Gewissen tritt an ihre Stelle. Der Protest jedoch belässt das Gewissen nicht allein bei seiner eigenen Gebieterin – das Gewissen ist kein Gesetz für sich selbst. Dies wäre eine anarchische Rebellion gegen Ihn, der ihr eigener Herr ist. Der Protest verkündet, dass die Bibel das Gesetz des Gewissens ist und dass Ihr Urheber der Herr allein ist. Somit steuert sie auf ihrem Kurs zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gefahren, vermeidet hier die Anarchie und dort die Tyrannei, und so schreitet der Protestantismus voran, breitet vor den Augen der Nationen die Flagge wahrer Freiheit aus. Um diese Flagge mögen sich all diejenigen scharen, deren Verlangen es ist, frei zu sein.

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<strong>Der</strong> <strong>Protest</strong><br />

Grausamkeiten häuften sich zu einer Last der Vergeltung und beschworen in späteren<br />

Jahrhunderten gerade das Schicksal herauf, das sie dem König, seiner Regierung und seinen<br />

Untertanen prophezeit hatten; aber es wurde durch Ungläubige und durch die päpstlichen<br />

Anhänger selbst herbeigeführt. Es war nicht die Aufrichtung, sondern die Unterdrückung<br />

des <strong>Protest</strong>antismus, die dreihundert Jahre später diese schrecklichen Heimsuchungen über<br />

Frankreich bringen sollte.<br />

Argwohn, Mißtrauen und Entsetzen durchdrangen nun alle Klassen der Gesellschaft.<br />

Inmitten der allgemeinen Aufregung zeigte es sich wie tief die lutherische Lehre in den<br />

Herzen der Männer Wurzel gefaßt hatte, die sich durch ihre Bildung, ihren Einfluß und<br />

ihren vorzüglichen Charakter auszeichneten. Vertrauensstellungen und Ehrenposten fand<br />

man plötzlich unbesetzt. Handwerker, Drucker, Gelehrte, Professoren der Universitäten,<br />

Schriftsteller, ja sogar Höflinge verschwanden. Hunderte flohen aus Paris und verließen<br />

freiwillig ihre Heimat und gaben dadurch in vielen Fällen kund, daß sie den reformierten<br />

Glauben begünstigten. Die Katholiken blickten erstaunt um sich bei dem Gedanken an die<br />

Ketzer, die man ahnungslos in ihrer Mitte geduldet hatte. Ihre Wut ließen sie an den<br />

zahlreichen niedrigeren Opfern aus, die sich in ihrer Gewalt befanden. Die Gefängnisse<br />

waren gedrängt voll und der Himmel schien verdunkelt durch den Rauch der brennenden<br />

Scheiterhaufen, die für die Bekenner des Evangeliums angezündet waren.<br />

Franz I. hatte sich gerühmt, ein Bahnbrecher der Wiederbelebung der Gelehrsamkeit zu<br />

sein, die den Beginn des 16.Jahrhunderts kennzeichnete. Es hatte ihm Freude gemacht,<br />

gelehrte Männer aus allen Ländern an seinem Hof zu versammeln. Seine Liebe zur<br />

Gelehrsamkeit und seiner Verachtung der Unwissenheit und des Aberglaubens der Mönche<br />

verdankte man wenigstens zum Teil den Grad religiöser Duldung, die der Reformation<br />

gewährt worden war. Aber von dem Eifer angetrieben, die Ketzerei auszurotten, erließ<br />

dieser Schutzherr der Wissenschaft ein Edikt, welches in ganz Frankreich das Drucken<br />

verbot. Franz I. lieferte eins der vielen Beispiele in der Geschichte, die beweisen, daß<br />

geistige Bildung nicht vor religiöser Unduldsamkeit und Verfolgung schützt.<br />

Durch eine feierliche und öffentliche Handlung sollte Frankreich sich völlig zur<br />

Vernichtung des <strong>Protest</strong>antismus hergeben. Die Priester verlangten, daß der dem Himmel<br />

durch Verdammung der Messe widerfahrene Schimpf durch Blut gesühnt werden müsse,<br />

und daß der König um seines Volkes willen dieses schreckliche Werk öffentlich gutheißen<br />

solle. <strong>Der</strong> 21. Januar 1535 wurde für diese schreckliche Handlung bestimmt. Die<br />

abergläubischen Befürchtungen und der blinde Haß des gesamten Volkes waren geweckt<br />

worden. Die Straßen von Paris füllte eine Menschenmenge, die sich aus der ganzen<br />

umliegenden Gegend eingefunden hatte. <strong>Der</strong> Tag sollte durch eine großartige, prunkvolle<br />

Prozession eingeleitet werden. Die Häuser, an denen der Zug vorüberführen sollte, waren<br />

mit Trauerflor behangen, und hier und da erhoben sich Altäre. Vor jeder Tür befand sich zu<br />

Ehren des „heiligen Sakramentes“ eine brennende Fackel. <strong>Der</strong> Festzug bildete sich vor<br />

Tagesanbruch im königlichen Palast. „Zuerst kamen die Banner und Kreuze der<br />

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