[Begrüßung Breuer] - Bundesministerium für Arbeit und Soziales
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Die Diskussion darüber, was denn nun gerecht ist, wird es immer geben. Gerechtigkeit<br />
ist schwer zu definieren. Das darf aber nicht zum Vorwand werden <strong>für</strong> wachsende<br />
Ungerechtigkeit.<br />
Natürlich gibt es in jeder, auch in unserer, Gesellschaft wirtschaftliche Ungleichheit <strong>und</strong><br />
ich sage dazu: Auch der dem sozialen Ausgleich verpflichtete Staat wäre schlecht<br />
beraten, wenn er hier Nivellierungen versuchte. Das würde zu nichts Gutem führen.<br />
Nicht jede wirtschaftliche Ungleichheit darf man gleichsetzen mit Ungerechtigkeit oder<br />
sozialer Kälte. Nein, Leistung erfordert Belohnung <strong>und</strong> es ist richtig, unterschiedliche<br />
Leistungen auch unterschiedlich zu belohnen.<br />
Wo aber die Ungleichheit zu groß ist, da wird nicht nur die Gerechtigkeit verletzt, da<br />
wird auch die Freiheit von Millionen Menschen eingeschränkt.<br />
Die Frage ist also: Wie viel Ungleichheit braucht eine Leistungsgesellschaft <strong>und</strong> wie<br />
viel wirtschaftliche <strong>und</strong> gesellschaftliche Ungleichheit verträgt der soziale Friede, der<br />
ein eigener Wert ist <strong>und</strong> zugleich ein wichtiger Standortfaktor?<br />
Ich habe den Eindruck, dass eine gerechte Verteilung der Lebenschancen <strong>und</strong> der<br />
tatsächlichen Lebensbedingungen ein Wert ist, an dem es uns mangelt.<br />
Gewiss: Es kann nur das verteilt werden, was vorher produziert worden ist.<br />
Es stimmt aber auch, dass die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums auch das<br />
Angebot <strong>und</strong> die Nachfrage nach Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen behindern kann.<br />
Die beiden großen Kirchen haben schon 1997, also vor dem ersten Armuts- <strong>und</strong><br />
Reichtumsbericht der B<strong>und</strong>esregierung, in ihrem gemeinsamen Wort „Für eine Zukunft<br />
in Solidarität <strong>und</strong> Gerechtigkeit“ von „tiefen Rissen“ gesprochen, „die durch unser Land<br />
gehen“. Sie haben auf den wachsenden Gegensatz von Wohlstand <strong>und</strong> Armut verwie-<br />
sen <strong>und</strong> festgestellt, dass „Solidarität <strong>und</strong> Gerechtigkeit heute keine unangefochtene<br />
Wertschätzung mehr genießen“.<br />
Der gesellschaftliche Konsens scheint also brüchiger geworden zu sein. Da gibt es<br />
widerstreitende Interessen von kinderreichen Familien <strong>und</strong> von Singles, von älteren<br />
<strong>und</strong> von jüngeren Menschen, von <strong>Arbeit</strong>splatzbesitzern <strong>und</strong> von <strong>Arbeit</strong>slosen.<br />
Das führt auch dazu, dass in der Hitze der politischen Diskussion manches übertrieben<br />
oder wenigstens instrumentalisiert wird, was doch besser nüchtern <strong>und</strong> sachlich<br />
behandelt würde.