[Begrüßung Breuer] - Bundesministerium für Arbeit und Soziales
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Ursache-Wirkungs-Relationen beschrieben werden. Vielmehr sind individuelle<br />
Lebenslagen sowohl die Ursache eines bestimmten Ausmaßes an gesellschaftlicher<br />
Teilhabe, als auch die Wirkung <strong>und</strong> zwar vermittelt über die Kategorie Zeit. Um eine<br />
Lebenslage <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Handlungsspielraum erfassen zu können,<br />
scheinen die Dimensionen Bildung, Erwerbstätigkeit, Wohnen, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Einkommen geeignet (Tabelle 1). Hierüber herrscht auch ein weitgehender Konsens in<br />
den Sozialwissenschaften. Allerdings wurde trotz dieser Multidimensionalität der<br />
Bestimmungsgrößen <strong>für</strong> eine bestimmte Lebenslage zumeist das Einkommen als die<br />
zentrale Dimension angesehen, da sie den Zugang zur Befriedigung zahlreicher<br />
Bedürfnisse ermöglicht.<br />
Tabelle 1: Dimensionen, Indikatoren <strong>und</strong> Schwellenwerte <strong>für</strong> Unterversorgung im<br />
Lebenslagenkonzept<br />
Dimension Indikator Unterversorgungsschwelle<br />
Einkommen bedarfsgewichtetes verfügbares<br />
Haushaltseinkommen<br />
50 % des durchschnittlichen gewichteten<br />
Haushaltseinkommens<br />
Erwerbsarbeit Art <strong>und</strong> Umfang der Erwerbstätigkeit registrierte <strong>Arbeit</strong>slosigkeit, nicht-präferierte<br />
geringfügige Beschäftigung<br />
Bildung schulische <strong>und</strong> berufliche Bildung,<br />
kohortengewichtet<br />
Wohnen Wohnungsgröße, Wohnausstattung,<br />
verteilungsgewichtet<br />
kein oder niedriger Schulabschluss, ohne<br />
abgeschlossene Berufsausbildung<br />
weniger als ein Wohnraum pro Person, kein Bad<br />
<strong>und</strong>/oder WC in der Wohnung<br />
Ges<strong>und</strong>heit Erkrankungen andauernde Behinderung, negative subjektive<br />
Einschätzung des Ges<strong>und</strong>heitszustandes,<br />
chronische Krankheiten, unzureichende<br />
ges<strong>und</strong>heitliche Versorgung<br />
Quelle: in Anlehnung an Hanesch et al. 1994: 128<br />
Um die Implementierung des Lebenslagenkonzeptes in die Sozialberichterstattung<br />
voranzubringen, wird vereinzelt die Forderung erhoben, zunächst Indikatoren oder<br />
Bedingungskomplexe <strong>für</strong> eine Lebenslage festzulegen. Dabei wird jedoch übersehen,<br />
dass es sich bei der Lebenslage um ein theoretisches Konstrukt handelt, das sich der<br />
direkten Beobachtung entzieht <strong>und</strong> sich eben nicht aus der Erhebung von sozio-<br />
ökonomischen Merkmalen ableiten lässt. Sie konstituiert sich, wie auch andere soziale<br />
Phänomene, erst im Verhältnis zu den Standards ihrer Feststellung. Das, was eine<br />
Lebenslage ausmacht, ergibt sich daher erst aus der Interpretation <strong>und</strong> Bewertung<br />
sozialer Gegebenheiten. Es handelt sich somit nicht um einen objektiven Wert,<br />
sondern um das Ergebnis eines durch Erkenntnisinteresse geleiteten Prozesses<br />
(Feyerabend 1983). Das theoretische Konstrukt Lebenslage wird daher stets erst durch<br />
den Diskurs in dem jeweiligen gesellschaftlich-historischen Kontext zu einem eindeu-<br />
tigen sozialen Phänomen. Von daher hängt auch jede Sozialberichterstattung zu<br />
Phänomenen eingeschränkter gesellschaftlicher Teilhabe von dem jeweiligen theore-