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[Begrüßung Breuer] - Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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Subjektive Armutsmaße (Annahme: Verschiedenartige individuelle Anspruchsniveaus)<br />

Kann kein Konsens über die Armutsgrenze (<strong>und</strong> deren Bestimmungsgrößen) voraus-<br />

gesetzt werden, sind subjektive Ansätze erforderlich. Sie ermöglichen z. B. durch<br />

Befragungen eine Annäherung an jene – von den vielfältigen Werturteilen abhängigen<br />

– Größen, die als unabdingbar <strong>für</strong> das Erreichen der Armutsschwelle angesehen<br />

werden. Zu denken ist beispielsweise an die Bestimmung der soziokulturellen Aspekte<br />

eines Existenzminimums, die sehr stark von den Werturteilen in der Bevölkerung<br />

abhängen.<br />

Subjektive Ansätze ermitteln ferner, ob das Unterschreiten objektiver Armutsgrenzen<br />

kein Armutssymptom, sondern Konsequenz eines freiwilligen (nicht finanziell oder<br />

gesellschaftlich bedingten) Verzichts ist.<br />

Beispielsweise haben nach eigenen Angaben 4 % der Westdeutschen <strong>und</strong> 5 % der<br />

Ostdeutschen nicht täglich eine warme Mahlzeit. Doch nur jeweils 1 % der Personen in<br />

West <strong>und</strong> Ost verzichtet aus finanziellen Gründen auf die tägliche warme Mahlzeit. Die<br />

übrigen 3 % bzw. 4 % verzichten „aus anderen Gründen“ (z. B. aus Zeitmangel, wegen<br />

Diät u. Ä.) auf eine tägliche warme Mahlzeit. 9 Anders als in einem Land der „vierten<br />

Welt“ kann man sich in einem im Durchschnitt wohlhabenden Land aus freien Stücken<br />

zum Verzicht auf ansonsten sehr weit verbreitete Dinge entscheiden, ohne hierdurch<br />

existenziell gefährdet zu sein. Eine Beurteilung der Situation nach objektiven Kriterien<br />

wäre hier nicht angemessen, da sie den Zielen der Betreffenden widerspräche.<br />

Grenzen subjektiver Ansätze liegen dort, wo die erfragten Einschätzungen auf Unwis-<br />

senheit beruhen oder Zufriedenheit Ausdruck von Resignation <strong>und</strong> Gewöhnung ist. In<br />

diesen Fällen bietet sich eine Korrektur subjektiver Maße durch Expertenwissen an.<br />

Nicht nur die Eignung der Messkonzepte, auch der Anwendungsbereich der einzelnen<br />

Armutsindikatoren lässt sich mit Hilfe des hier skizzierten methodischen Ansatzes ab-<br />

grenzen. Schließlich ist jeder einzelne Indikator entweder subjektiv oder objektiv, direkt<br />

oder indirekt <strong>und</strong> absolut oder relativ. An einem Beispiel soll dies verdeutlicht werden.<br />

Der Ansatz der Verwirklichungschancen als Analyserahmen <strong>für</strong> Möglichkeiten <strong>und</strong><br />

Grenzen von Armutsindikatoren – Beispiel: die „50 %-Einkommensarmut“<br />

Ein Indikator, der Armut als Unterschreiten einer Einkommensgrenze von 50 % eines<br />

Einkommensmittelwertes der Gesamtbevölkerung beschreibt, ist ein relativer, objek-<br />

tiver, indirekter <strong>und</strong> monetärer Armutsindikator. Er trifft also implizit folgende Annah-<br />

men über die Bestimmungsgrößen der Zielverwirklichung:<br />

• Abhängigkeit der Armutsgrenzen von gesellschaftlichen Verwirklichungschancen<br />

9<br />

Datenreport (1999)

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