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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Altstadt zugleich, Nähe zur für den Handelsverkehr wichtigen Baselstrasse und zur Reuss. Bis<br />

1890 trat im Zuge der Bestückung der St.-Jakobs-Vorstadt mit negativen Landmarken<br />

(Schlachthaus, Strafanstalt, Kaserne, siehe Anhang 60) eine Minderung ihres sozialen<br />

Gepräges ein.<br />

Der Bau des Trassees der Centralbahn 1859-1864 schnitt das 200 Meter schmale Terrain des<br />

Untergrunds der Länge nach entzwei. Hinter der Sentikirche fuhren die Züge in den<br />

Gütschtunnel ein. Im Bereich Mittlere und Untere Baselstrasse und in der Sentimatte stieg die<br />

Emissionsbelastung stark. Da die Direktion der Centralbahn dem Untergrund standhaft eine<br />

Haltestelle verwehrte, blieb eine Aufwertung des Quartiers als Geschäftsstandort aus.<br />

1890 bot Luzern aus der Vogelperspektive noch ein spinnenförmiges Siedlungsbild. Die<br />

Bebauung hatte entlang den Verkehrsachsen ausgegriffen und das dazwischenliegende<br />

Weidland weitgehend unberührt gelassen. Erst zwischen 1890 und <strong>1920</strong> erfasste die<br />

Überbauung die Freiflächen zwischen den Quartieren des linken Ufers. Im Untergrund<br />

wurden in dieser Zeit drei neue Siedlungsräume erschlossen: die Bernstrasse, die Untere<br />

Baselstrasse (vom Kreuzstutz nordwärts bis zur Gemeindegrenze) sowie die Sentimatte (zum<br />

Vergleich des Siedlungsbildes im Untergrund 1890 und 1923 siehe Karten in Anhang 61 und<br />

62).<br />

Mit dem Baugesetz von 1864 und der Bauordnung von 1867 griff der Luzerner Stadtrat<br />

erstmals regulierend in die städtebauliche Entwicklung ein. Spekulationen um den<br />

Bahnhofsstandort hatten in den 60er Jahren die Bauspekulation angeheizt. Die neuen<br />

gesetzlichen Bestimmungen erstreckten sich allerdings nur auf den sogenannten<br />

Stadtbaubezirk. Dieser wurde zwar sukzessive erweitert; die Überbauung der ganzen<br />

Bernstrasse, die erst 1906 in den Stadtbaubezirk integriert wurde, vollzog sich aber ausserhalb<br />

der Bestimmungen des Baugesetzes. 21 In den 90er Jahren, dieser Zeit "etwas üppig<br />

gewordener Bauspekulation", wie die Gesellschaft für Handel und Industrie die Situation auf<br />

dem Immobilienmarkt charakterisierte, entstanden an der Unteren Baselstrasse und an der<br />

Bernstrasse Mietskasernen, in denen sozial Unterprivilegierte, z.T. Italiener, eine Bleibe<br />

fanden. Die Besitzer dieser Häuser wohnten nicht im Quartier. 22 Über zehn Häuser an der<br />

oberen Bernstrasse und an der Unteren Baselstrasse besass allein Leopold Lehmann (siehe<br />

Kap. 5.). 23 Die Bezeichnungen "Oberitalien" für die obere Bernstrasse, "Klein-Chicago" für<br />

die Baselstrasse tauchten damals im populären Sprachgebrauch auf.<br />

In der Sentimatte herrschten monopolartige Besitzverhältnisse. Baumeister Xaver Meyer,<br />

liberales Mitglied des Grossen und zeitweilig des Engern Stadtrates, war seit Mitte 19. Jh.<br />

Alleinbesitzer. Die Reussfähre konnte 1863 nur mit seiner Erlaubnis realisiert werden. In den<br />

60er Jahren begann Meyer mit dem Bau der ersten Doppelwohnhäuser. 24 1890 verfügten vier<br />

Personen über Grundbesitz in der Sentimatte, u.a. Fabrikant Robert Schindler. Zwischen 1890<br />

21 Festschrift des schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins 1893, S. 68-69.<br />

22 Jb. der Gesellschaft für Handel und Industrie in Luzern, 1907, S. 38.<br />

23 Schüpbach (1983), S. 173ff.<br />

24 "Vom Gütsch zur Reuss", S. 72-75.<br />

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