DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur
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Instrument der herrschenden Klasse betrachteten, prinzipiell gegen die Vorlage<br />
ausgesprochen. 181<br />
1923, als ein neues Steuergesetz zur Abstimmung anstand, rang sich die SP schliesslich zur<br />
Stimmfreigabe durch, obwohl die Existenzminima-Quoten nach ihrer Meinung zu wenig<br />
sozial ausgestaltet waren. Josef Steiner argumentierte im Kreisverein Obergrund mit der<br />
staatspolitischen Verantwortung, die der SP seit einigen Jahren übertragen worden sei. 182<br />
Zwei Jahre nach der Abspaltung der Kommunisten brach die SP an internen<br />
Fraktionskämpfen und persönlichen Animositäten unter führenden Parteigenossen beinahe<br />
auseinander. Erstmals hatte die Beschwerdekommission der SPS schlichtend bei einer<br />
Lokalsektion einzugreifen, nachdem Gottlieb Graf, Luzerner Arbeitersekretär seit Anfang<br />
<strong>1920</strong>, Grossstadtrat Muheim wegen Diffamierung eingeklagt hatte. 183 Die Kontrahenten<br />
scharten ihre Anhängerschaft um sich. Die Konfliktlinie verlief zwischen der gemässigten<br />
sozialdemokratischen Fraktion des Grossen Stadtrates einerseits und Graf sowie einigen<br />
Gewerkschaftsführern andererseits. Der pragmatisch orientierte Flügel um die Grossstadtrats-<br />
Fraktion lehnte einen Lohnabbau beim städtischen Personal im Gegensatz zum progressiven<br />
Flügel um Arbeitersekretär Graf und die Gewerkschaften nicht prinzipiell ab. Muheim<br />
beschuldigte Graf des Missbrauchs seines Einflusses bei der Besetzung von<br />
Funktionärsposten und des Besuchs anrüchiger Wirtschaften. 184 Graf, seit Mitte 1921 selber<br />
Mitglied des Grossen Stadtrates, hatte den gemässigten politischen Kurs von Fürsprech Josef<br />
Steiner, dem Präsidenten der SP-Fraktion, im "Arbeiterblatt" heftig kritisiert. Graf hielt sich<br />
zugute, mit seinem moderat progressiven politischen Kurs ein Aufkommen der Kommunisten<br />
verhindert zu haben. 185 Diese titulierten ihn bisweilen ironisch als "Anhänger der 21/2 Internationale". Laut "Kämpfer" sympathisierte im parteiinternen Streit die Mehrheit der<br />
Luzerner Arbeiterschaft mit Graf. Die Anfang März 1924 unter Friedrich Heeb tagende<br />
Beschwerdekommission versuchte zwischen den Fraktionen auszugleichen. In seinem Bericht<br />
an die Geschäftsleitung der SPS empfahl Heeb eine bessere Betreuung der Luzerner Partei.<br />
Im übrigen skizzierte er ein wenig schmeichelhaftes, provinzielles Portrait der Luzerner SP.<br />
"Wohl das Schlimmste ist, dass beide Gruppen wirkliche oder nur eingebildete Sünden der andern<br />
Gruppe seit langem ungebührlich aufgebauscht, peinlich genau registriert und in ihrem Bekanntenkreis<br />
systematisch damit hausiert haben ... So entstand schliesslich eine Atmosphäre, die mit Explosivstoff und<br />
giftigen Gasen förmlich geladen war, in der jedes 'Gerücht' über eine neue Schlechtigkeit der einen bei<br />
den anderen unbedingten Glauben fand. Durch diese wenig männliche und noch weniger<br />
parteigenössische Kolportage wurde die gegenseitige Entfremdung und Feindschaft immer grösser ... Ist<br />
es nicht möglich, diesen Streit um persönliche und taktische Fragen endgültig aus der Welt zu schaffen,<br />
wozu vorläufig leider wenig Aussicht besteht, so muss damit gerechnet werden, dass die Partei in Luzern<br />
181 CD 30.9.<strong>1920</strong>. Die Ausgaben für das Polizeiwesen waren von 1917 bis 1919 um 70% gestiegen.<br />
182 Prot. des Kreisvereins Obergrund vom 18.1.1923.<br />
183 Akten der Beschwerdekommission der SPS (Sozialarchiv Zürich 1.220.3).<br />
184 Der Präsident des VHTL gab zu Protokoll, das Personal des Allgemeinen Konsumvereins sei schockiert<br />
gewesen, als ein SP-Vertreter in dessen Vorstand für eine Arbeitszeitverlängerung eingetreten sei.<br />
185 "Kämpfer" 9.5.1924.<br />
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