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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Zeitung, den nach dem Wachtturm der Luzerner Museggbefestigung benannten "Luegisland",<br />

gründeten. Der Zentralpräsident der gesamtschweizerischen Jünglingsvereine kritisierte das<br />

Luzerner Vorprellen als von langer Hand geplante Strategie der Abwerbung und<br />

übersteigerten katholischen Lokalpatriotismus. 351 Der "Luegisland" (Untertitel: "Turmwart<br />

der katholischen Innerschweiz") steuerte unter Berufung auf die katholische<br />

Gegenreformation des 16. Jh. einen ultramontanen, kulturkämpferischen Kurs: "Und auf der<br />

Zinne steht als Wächter wieder ein katholischer Jungschütz ...; er bürgt dafür: in dieses Haus,<br />

in diese Familie hinein kommt kein feindliches Buch, keine feindliche Zeitung, kein<br />

feindlicher Schritt." 352 Sozialismus wurde mit heimlicher Zersetzung des katholischen Staates<br />

und Korrumpierung der Jugend gleichgesetzt. Der "Luegisland" sah ein Geschlecht, "reif für<br />

die frechsten Lehren", im "Fiebergemisch von Bolschewistenunsinn und sozialem Fortschritt"<br />

keimen, "die roten Fluten steigen!" 353 Sogar katholische Jünglinge von der Luzerner<br />

Landschaft gerieten bei ihrem Wegzug in die Stadt in den Sog sozialistischer Jugendgruppen,<br />

weil keine gleichwertigen katholischen Vereine bestünden: "... Zwei Tage später war der<br />

Neuling in der Sozi-Gewerkschaft, am dritten im Vorstand, am vierten, am Sonntag, nicht<br />

mehr in der Kirche." 354<br />

Anfang der 20er Jahre, zu einer Zeit, wo die Arbeiterbewegung infolge der Wirtschaftskrise<br />

geschwächt war und nur defensiv agierte, war die Hälfte der ca. 20 Amicitia-Sektionen<br />

inaktiv. 355 Erst im Frontenfrühling der 30er Jahre traten die Luzerner Jungkonservativen<br />

wieder stärker politisch in Erscheinung. Gemäss einem internen Aktionsprogramm von 1933<br />

sympathisierten sie "mehr als man glaubt" mit der Erneuerungsbewegung. Das Programm<br />

forderte unter anderem die Beseitigung des politischen Systems sowie die Einsetzung einer<br />

autoritären Regierung. 356<br />

351 Widmer (1983), S. 8-10. Jung (1988), S. 163, 176 und 218.<br />

352 L 1/1.5.1917.<br />

353 L 15.11.1918 und 1.12.1918. Zur Inszenierung einer kollektiven Angstpsychose im Umfeld des<br />

Landesstreiks siehe die sprachgeschichtliche Studie von Martin Fenner, Partei und Parteisprache im politischen<br />

Konflikt, Bern 1981.<br />

354 L 11/1.10.1918.<br />

355 L 5/1.7.1922.<br />

356 Geplant waren auch Veranstaltungen mit Robert Tobler, dem Führer der Neuen Front (CVP-Archiv: PA<br />

40/1814).<br />

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