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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Quelle: Pietzcker (1898), S. 160. Absolute Zahlen in den einzelnen Preisklassen siehe Anhang<br />

10.<br />

Auch die ortsansässige Bevölkerung trug zur Ausprägung wohnräumlicher Segregation bei.<br />

Unter dem in den 90er Jahren entstehenden Missverhältnis zwischen den Löhnen und den<br />

steigenden Lebenshaltungskosten litt vor allem die Arbeiterschaft. Während z.B. die Arbeiter-<br />

Nominallöhne bei der Firma Bell 1875-1907 um ca. 32% anstiegen, wuchsen die Gehälter<br />

von Angestellten, kantonalen und städtischen Beamten im gleichen Zeitraum um das<br />

doppelte. 30 Einfache Arbeiter, deren Haushaltsbudgets um die Jahrhundertwende dem Druck<br />

steigender Wohnungsmieten ausgesetzt waren, konnten sich die neuen und teureren<br />

Wohnungen in der Neustadt und im Hirschmattgebiet gar nicht leisten. 31<br />

Obwohl die städtische Bevölkerungszahl <strong>1920</strong> um über 1'000 Personen sank, dauerte die seit<br />

1917/1918 herrschende akute Wohnungsnot unvermindert an. Trotzdem waren die Haushalte<br />

im Untergrund <strong>1920</strong> mit durchschnittlich 5,1 Personen sogar etwas kleiner als 1910 (4,9<br />

Personen). Im November 1919 wurden in der ganzen Stadt 20 Zwei- bis Vierzimmer-<br />

Wohnungen angeboten und 99 nachgefragt. Eine städtische Erhebung zählte im Januar 1921<br />

im Untergrund nur vier leerstehende Wohnungen. Am meisten Wohnungen und<br />

Einfamilienhäuser wurden im Hofquartier zur Miete angeboten (26, davon 14 Villen). 32 Die<br />

grütlianische "Luzerner Volksstimme" forderte die Erstellung einer detaillierten<br />

Wohnungsstatistik wie 1910. Ihren Berechnungen zufolge bestand <strong>1920</strong> ein Mangel von 720<br />

Wohnungen (9'500 Wohnungen bei 10'220 Haushaltungen). 33 Die Stadtregierung stellte nach<br />

dem Krieg Notwohnungen zur Verfügung, 1919 für 45, <strong>1920</strong> bereits für 85 Familien, im<br />

Untergrund an der Baselstrasse im ehemaligen Sentispital und an der Sagenmattstrasse. 34<br />

Die Luzerner Mietpreise stiegen 1913-<strong>1920</strong> trotz der geschilderten Situation auf dem<br />

Wohnungsmarkt im Vergleich mit anderen grösseren Schweizer Städten weniger stark an. Die<br />

Preise für Zwei- bis Vierzimmer-Wohnungen entwickelten sich auf der Basis von 100<br />

Indexpunkten im Jahr 1913 bis <strong>1920</strong> wie folgt: in Zürich auf 132, in Solothurn auf 115, in<br />

Olten auf 137, in Luzern auf 115 (siehe auch Anhang 8). 35<br />

<strong>1920</strong> lehnte das (männliche) Stimmvolk eine sozialdemokratische Initiative zur Förderung<br />

des kommunalen Wohnungsbaus im Verhältnis 2:1 ab. Die massive Gegenpropaganda hatte<br />

die Vorlage ideologisch aufgeladen; das christlichsoziale "Zentralschweizerische Volksblatt"<br />

schrieb: "Die Stadt Luzern soll nicht das Versuchsfeld millionenverschlingender sozialistischkommunistischer<br />

Experimente werden. Wir sind grundsätzlich gegen die Kommunalisierung<br />

30 Brunner (1981), S. 217-218.<br />

31 Schmid, in: LNN 5.5.1973.<br />

32 Mappe K3F (SAL).<br />

33 VS 5.11.1921.<br />

34 Vber. StR. 1919/<strong>1920</strong>, S. 33ff.<br />

35 Eine Differenzierung der Mietpreise nach Quartieren ist aufgrund der gedruckten Wohnungsenquête <strong>1920</strong><br />

leider nicht möglich.<br />

16

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