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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Programmentwurf hielt Ulrich fest: "Sie (die Soldatenorganisation, d.V.) will keine<br />

Demokratisierung der Armee, sondern ihr Kampf soll ums Ganze gehen, Abschaffung<br />

jeglichen Militarismus." Vorderhand sollten die "Arbeitersoldaten" zur Verweigerung eines<br />

allfälligen Schiessbefehls bei Einsätzen gegen demonstrierende Arbeiter ermuntert werden.<br />

Mittels Armeebefehl verbot General Wille Anfang Juni jegliche Aktivitäten der radikalen<br />

Soldatenbünde in der Armee. Im September drängte Generalstabschef Sprecher auf eine<br />

Untersuchung der Luzerner Soldatenorganisation, worauf zunächst Ulrichs Wohnung<br />

durchsucht wurde. Der "Centralschweizerische Demokrat" bekundete verbale Solidarität mit<br />

Ulrich, indem er das "gewalttätige Vorgehen" gegen eine missliebige Gruppierung<br />

brandmarkte. 196 Konkrete Hilfe von der SP beim Aufbau seiner Organisation hatte Ulrich aber<br />

nicht erhalten. Seinem schriftlichen Gesuch an die Parteivorstände um Zustellung von<br />

Mitgliederlisten zwecks gezielter Anwerbung war einzig die Sektion Emmenbrücke<br />

nachgekommen. Anfang November machte General Wille Bundesrat Décoppet schriftlich auf<br />

die "wie Pilze aus dem Boden geschossenen" Soldatenbünde aufmerksam, wobei er die<br />

radikale Luzerner Gruppe im Unterschied zu den reformistischen Bünden als besonders<br />

gefährlich hervorhob. Das gesetzliche Instrumentarium zur Zerschlagung der radikalen<br />

Soldatenbünde lieferten die während des Landes-Generalstreiks erlassenen<br />

Ausnahmebestimmungen. 197 Als Anfang Dezember 1918 immer noch Flugblätter der<br />

Soldatenorganisation in Luzern kursierten, intervenierte der kantonale Polizeidirektor<br />

Heinrich Walther beim eidgenössischen Militärdepartement, die Untersuchung gegen Ulrich<br />

zu beschleunigen. Zehn Tage später wurde Ulrich verhaftet und zwei Monate in<br />

Untersuchungshaft im Luzerner Zentralgefängnis gehalten. Das Territorialgericht IV in Olten<br />

sprach ihn im Mai 1919 von der Anklage der Meuterei frei.<br />

Heinrich Walther drängte nach dem Landes-Generalstreik bei Generalstabschef Sprecher auf<br />

eine prompte Abgabe von Munition und Waffen zuhanden der Luzerner Bürgerwehren. Um<br />

möglichst schnell in Waffenbesitz zu gelangen, nahm er auch eine Verletzung von<br />

Bundesvorschriften in Kauf. 198<br />

"Schon heute dürfen wir behaupten, dass, wenn der Kampf von den heute Unzufriedenen<br />

wieder aufgenommen werden sollte, sich unsere Arbeiterschaft nicht mehr daran beteiligen<br />

würde", analysierte der Luzerner Metallarbeitersekretär Hans Zimmerli die resignative<br />

196 CD 21.9.1918.<br />

197 Etter (1972), S. 39. Gautschi (1988), S. 49, 78 und 83.<br />

198 Walther wörtlich:"Wir glauben auch, dass die Vorenthaltung von Waffen und Munition nicht zur Hebung<br />

des Geistes in den Bürgerwehren beiträgt und können uns auch ein wirksames Eingreifen der letztern, wenn sie<br />

ganz unbewaffnet sind, nicht wohl denken." Eine Abgabe zu Handen der Behörden erfolgte nach der<br />

Sanktionierung des Bürgerwehrreglements durch Kanton und Bund am 22. Mai 1919. Walther hatte zunächst<br />

eine Bewaffnung der Bürgerwehren unter Ausschluss des Rechtsweges angestrebt, indem er sich auf die Abgabe<br />

von Waffen an den Kanton Solothurn berief, dessen Bürgerwehrreglement ebenfalls nicht sanktioniert war. Die<br />

eidgenössische Kriegsmaterialverwaltung liess sich aber nicht darauf ein (Schreiben Walthers vom 8.4.1919 an<br />

das eidgenössische Militärdepartement, Bundesarchiv 21/12046).<br />

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