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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Naturgesetze können nicht sabotiert werden." 329 Umgekehrt betrachtete die Linke die<br />

Christlichsozialen als sozialreformerisches Deckmäntelchen der konservativen Partei. Der<br />

Statutenentwurf der 1919 auch auf kantonaler Ebene konstituierten christlichsozialen Partei<br />

vom Februar <strong>1920</strong> wahrte die enge Anlehnung an die Mutterpartei ("Glied der konservativen<br />

und christlichsozialen Gesamtpartei"). 330 Diese hatte unter dem Eindruck des Landesstreiks<br />

Anfang 1919 ein Sozialprogramm verabschiedet, das u.a. die Einführung einer Alters- und<br />

Invalidenversicherung und eine Reform des Heerwesens postulierte. Die konservative Partei<br />

beschloss eine konsequente Förderung der christlichsozialen Arbeiterorganisationen,<br />

gewährte der christlichsozialen Partei Einsitz im Zentralkomitee und entsandte ihrerseits<br />

Vertreter in christlichsoziale Gremien. 331 In allgemein-politischen, religiösen,<br />

schulpolitischen und kulturellen Fragen verpflichtete sich die christlichsoziale Partei, die<br />

Stellungnahmen der Konservativen zu unterstützen, in wirtschafts- und sozialpolitischen<br />

Fragen hatte sie das Recht auf eigene Verlautbarungen. 332<br />

Der rechtsbürgerliche Wirtschaftsflügel der Konservativen stand den Christlichsozialen<br />

feindlich gegenüber. Umgekehrt öffnete das "Zentralschweizerische Volksblatt" seine Spalten<br />

mitunter für Kritik an der konservativen Elite. Ein Einsender prangerte Doppelmoral,<br />

"Patriziertum, Machthunger und Arroganz" gewisser konservativer Führer an: "Es wird doch<br />

niemand mehr behaupten wollen, dass heute die bei den Konservativen vielfach gelebten<br />

Tendenzen mit den religiösen Ansichten, die dieser Partei eigentlich zugrunde liegen sollten,<br />

einig gehen." Nach heftigem Protest aus konservativen Kreisen distanzierte sich die<br />

Redaktion allerdings vom Inhalt des Artikels; die christlichsoziale Führung entschuldigte sich<br />

bei der konservativen Partei. 333 Mit der Befürwortung der Lex Häberlin stellten die<br />

Christlichsozialen ihre grundsätzliche ideologische Linientreue unter Beweis. 334<br />

Der Aufschwung der freien Gewerkschaften in der zweiten Kriegshälfte spornte die<br />

Christlichsozialen zur Reaktivierung ihrer seit Kriegsausbruch inaktiven Sektionen an. Das<br />

christlichsoziale "Luzerner Volksblatt" forderte apodiktisch eine Gegenoffensive: "Hier in der<br />

Zentralschweiz hätte es nicht so weit kommen sollen, dass andere, rote Verbände, den<br />

einheimischen christlichen Arbeitern die Organisation diktieren. Geschehen muss nun etwas,<br />

es ist allerhöchste Zeit, sonst kommen wir unrettbar zu spät." 335 Neben einigen<br />

christlichsozialen Gewerkschaftssektionen wurde 1917 die "Christliche<br />

Gewerkschaftsvereinigung Luzern und Umgebung" gegründet. Im Oktober 1918 nahm ein<br />

christlichsoziales Arbeitersekretariat unter der Leitung von Heinrich Lüthi seine Tätigkeit<br />

329 LVB 6.9.1919 und 1.8.1919.<br />

330 ZVB 5/7.2.<strong>1920</strong>.<br />

331 LVB 1.2.1919.<br />

332 Prot. des konservativen Parteiausschusses (CVP-Archiv: PA 40/1815).<br />

333 ZVB 1/1922.<br />

334 Müller-Marzohl (1990).<br />

335 LVB 2.6.1917 und 17.11.1917.<br />

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