DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur
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allseits beliebter Quartiervater und einer "der wenigen, die beidseits der Reuss Sitz und<br />
Stimme haben" charakterisiert. Meyer baute für sich 1896 ein stattliches Wohnhaus, das erste<br />
Haus an der Dammstrasse überhaupt. 47<br />
4. Wandel der Erwerbsstruktur<br />
4.1. Die Entwicklung der Wirtschaftssektoren<br />
Mit einem Anteil von 45,2% des gewerblich-industriellen Sektors an den Erwerbstätigen war<br />
Luzern 1888 die am schwächsten industrialisierte Stadt der Schweiz. 48 Im<br />
Dienstleistungssektor dagegen hielt sie die Spitzenposition. 49 Bis <strong>1920</strong> veränderten sich die<br />
Anteile der Wirtschaftssektoren nur wenig: der 2. Sektor verzeichnete zwischen 1888 und<br />
<strong>1920</strong> einen leichten Rückgang von 45,2% auf 42%, der 3. Sektor blieb in Front mit 55,8%<br />
<strong>1920</strong> (siehe Anhang 11 und 13). 50<br />
Das Baugewerbe, innerhalb des 2. Sektors mit über einem Viertel der Beschäftigten die<br />
stärkste Branche, sowie die Fremdenindustrie trieben die wirtschaftliche Entwicklung<br />
Luzerns voran. 51 Einerseits hatte das Wirtschaftswachstum in der 2. Hälfte des 19. Jh. zu<br />
einer Aufwertung von Handwerk und Gewerbe als Zulieferindustrie für die boomende<br />
Fremdenindustrie geführt, andererseits wurde das traditionelle Kleingewerbe zusehends von<br />
der Fabrikindustrie verdrängt. 52 Der Konjunkturaufschwung der 90er Jahre brachte eine Blüte<br />
des Detailhandels mit industriell gefertigter Konfektionsware mit sich. 53 Kleinhandwerker<br />
und Gewerbetreibende verloren zum Teil ihre Existenzgrundlage. So sank beispielsweise die<br />
Zahl der Schneidermeister 1886-1894 von 96 auf 71, jene der Schreinermeister, welche die<br />
Industrialisierung im Hochbau in Bedrängnis brachte, von 79 auf 54. 54 Ruinierte<br />
Kleinhandwerker und unterprivilegierte Taglöhner fanden zum Teil ein neues Auskommen als<br />
(Bau-)Arbeiter, städtische Arbeiter oder im Hotelfach.<br />
Der Zugriff auf die Erwerbsstruktur des Untergrunds Mitte 19. Jh. ist über den sogenannten<br />
Wachtgeldrodel von 1849 möglich, ein Verzeichnis, das die Steuerpflichtigen in drei<br />
Steuerklassen einteilte. Aus den darin enthaltenen Berufsangaben ist ersichtlich, dass der<br />
nördliche Teil des Untergrunds damals hauptsächlich von Kleinhandwerkern und<br />
Gewerbetreibenden besiedelt war. Auch die meisten der insgesamt 15% Taglöhner an den<br />
Steuerpflichtigen lebten dort. Im südlichen Teil - in der St.-Jakobs-Vorstadt und im<br />
47 "Vom Gütsch zur Reuss", S. 77.<br />
48 Huber (1986), S. 113.<br />
49 Schelbert (1985), S. 15.<br />
50 Huber (1986), S. 111.<br />
51 Schelbert (1985), S. 19.<br />
52 Dubler (1983), S. 57-58 und 142-143.<br />
53 Dubler (1983), S. 147-148 und 165.<br />
54 Brunner (1976), S. 124.<br />
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