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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Sagenmattstrasse 31 31 2 1<br />

Bei allen Steuerpflichtigen handelt es sich um natürliche Personen. Im Anhang liegt ein<br />

kompletter Ausdruck der Steuerregister des Untergrundquartiers für die Jahre 1891, 1910 und<br />

<strong>1920</strong> vor (Anhang 51-53). Er weicht von der Originalquelle insofern ab, als ich die<br />

Einkommensbeträge rückkapitalisiert habe. Um auf das Totalsteuerkapital aus Einkommen,<br />

Vermögen und Hausbesitz einen einheitlichen Steuersatz anwenden zu können, hat die<br />

Steuerbehörde im Originalregister 1891 die Einkommen mit dem Faktor 6,6, in den<br />

Steuerregistern 1910 und <strong>1920</strong> noch mit 6,0 multipliziert. Die Katasterwerte stellen einen<br />

Fünftel der Katasterschatzung dar. In allen Kategorien sind die nach jeweiligem Steuergesetz<br />

gültigen Existenzminima bereits abgezogen. Zu einer leichten Verzerrung bei der Auswertung<br />

führt, dass diese Abzüge für die Taxationen 1891, 1910 und <strong>1920</strong> differierten. Sie wurden im<br />

Verlauf dieser 30 Jahre zusehends liberaler ausgestaltet. Über das steuerfreie<br />

Existenzminimum hinaus fand 1910 und <strong>1920</strong> zusätzlich eine gestaffelte Degression in den<br />

unteren Einkommensklassen Anwendung (zu den exakten Beträgen der Existenzminima siehe<br />

Anhang 21).<br />

Das Steuerregister von 1891 verzeichnet noch keine Italiener. 1910 tauchen einige wenige<br />

italienische (zum Teil wohl tessinische) Namen auf. <strong>1920</strong>, als neu auch Jahresaufenthalter in<br />

das Steuerregister aufgetragen wurden, steigt die Zahl der Italiener merklich an: An der<br />

Bernstrasse war jetzt jeder fünfte Zensit italienischer Herkunft (84 Zensiten), an der<br />

Baselstrasse jeder siebte (76 Zensiten). Die Saisonniers entrichteten eine Monatssteuer. Sie<br />

erscheinen nicht in den Steuerregistern. Könnten sie in die Auswertung einbezogen werden,<br />

würde sich die soziale Kluft zwischen dem Untergrund und den übrigen Quartieren noch<br />

vergrössern.<br />

Zur Deckung ihres steigenden Finanzbedarfs bezog die Stadt Luzern seit den 60er Jahren des<br />

19. Jh. regelmässig Steuern. Die Eigenheit des Luzerner Steuersystems bestand darin, dass die<br />

Katastersteuer als Ersatz für den von der Einkommenssteuer befreiten landwirtschaftlichen<br />

Erwerb fungierte. In der Stadt führte dies zu einer Doppelbesteuerung von Grundbesitz und<br />

Gebäuden (Vermögenssteuer und Katastersteuer). 131 In den ersten beiden Jahrzehnten des<br />

20. Jh. rutschten der städtische und der kantonale Finanzhaushalt tief in die roten Zahlen. Das<br />

städtische Defizit betrug 1914 über 1 Mio. Franken. Die jährlichen Ausgaben pro Einwohner<br />

waren 1900-1916 von 53 Franken auf 102 Franken angestiegen. 132 Der Kanton - 1914 noch<br />

mit einem Staatsvermögen von 13 Mio. Franken - erwirtschaftete bis Ende <strong>1920</strong> ein Defizit<br />

von 1,8 Mio. Franken. 133 Eine Revision des Steuergesetzes von 1892 drängte sich auf. 1919<br />

131 Rölli (<strong>1920</strong>), S. 16-18.<br />

132 Huber (1986), S. 106-108.<br />

133 Zur Wahrung ihrer absoluten Mehrheit im Kanton betrieb die konservative Partei eine traditionell auf die<br />

Bauern ausgerichtete Politik. Die kantonalen Ausgaben für die Volkswirtschaft flossen 1913-1925 zu 96% in die<br />

Landwirtschaft. Als <strong>1920</strong> die Maul- und Klauenseuche ausbrach, zahlte der Kanton über 3,5 Mio. Fr. als<br />

Entschädigung für totes Vieh an die Bauern, neunmal so viel wie die jährlichen Ausgaben für die<br />

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