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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Zentralverband gegen eine Publikation von Stählis Artikelserie im "Metallarbeiter"<br />

eingesetzt. 112<br />

Die Aufsplitterung der Schindler-Belegschaft auf zwei Ortschaften und Betriebe hatte sich für<br />

die Gewerkschaft strategisch nachteilig ausgewirkt. Als Konsequenz daraus fusionierten Ende<br />

1918 die Metallarbeiter von Luzern und Emmenbrücke und schufen ein gemeinsames<br />

Platzsekretariat.<br />

1919 scheiterte ein von 45 Giessern in Emmenbrücke 79 Tage lang erbittert geführter Streik<br />

für eine Arbeitszeitreduktion auf 50 Stunden sowie eine Lohnerhöhung kläglich. Die<br />

Schindler-Belegschaft in der Sentimatt solidarisierte sich nicht mit ihren Betriebskollegen in<br />

Emmenbrücke, was den "Centralschweizerischen Demokraten" dazu veranlasste, von<br />

"abgerackerten" und in selbstverschuldeter "Sklaverei" gehaltenen Schindler-Arbeitern zu<br />

sprechen. 113 Einige Schindler-Arbeiter gründeten sogar eine christlichsoziale Gewerkschaft<br />

zum "Schutz vor rotem Terror". 114 Nach Aufhebung der Sperre über die Giesserei begann die<br />

Streikfront abzubröckeln. Schindler liess sich aber auch nach dem Rückzug der Streikposten<br />

auf keine Verhandlungen ein. 115 Die Giessergewerkschaft mit über 100 Mitgliedern brach<br />

schliesslich völlig zusammen und hinterliess in der lokalen SMUV-Kasse ein Finanzloch<br />

(Streikaufwendungen: 1918 etwas über 1'000 Franken, 1919 über 14'000 Franken). 116<br />

In der Wirtschaftskrise Anfang der 20er Jahre stand eine Verbesserung der Lohn- und<br />

Arbeitsbedingungen nicht zur Diskussion. Schindler blieb, weil er trotz grassierender<br />

Arbeitslosigkeit (<strong>1920</strong>: 535 Arbeitslose in der Stadt; 1921: 2'193117 ) ständig Überzeit-<br />

Arbeitsbewilligungen erhielt, in den Schlagzeilen der Arbeiterpresse. 1921 endete eine von<br />

der kommunistischen Partei Luzerns organisierte Kundgebung gegen die Arbeitslosigkeit mit<br />

einem Aufmarsch vor der Fabrik in der Sentimatt, worauf Schindler laut dem Luzerner<br />

Berichterstatter der kommunistischen "Neuen Ordnung" die Polizei anforderte. Der Artikel<br />

mündet in eine Breitseite gegen sozialdemokratische "Worthelden" und in die Propagierung<br />

eines unabhängigen Gewerkschaftskartells auf Grundlage der Betriebsräteorganisation. 118 Bei<br />

fortgesetzter Lektüre der in den kommunistischen Organen ("Kämpfer", "Neue Ordnung",<br />

"Neue Jugend") verstreuten Artikel einheimischer Kommunisten über Luzerner Ereignisse<br />

erhärtet sich der Eindruck, dass im Spannungsfeld utopischer Ideologieentwürfe und simplen<br />

Aktionismus' der Zorn der Ohnmacht durchscheint. Charakteristisch für die kommunistische<br />

Optik waren antithetische Überzeichnungen, etwa wenn der "Kämpfer" Schindlers Biographie<br />

112 Schreiben Stählis an den SMUV Luzern vom 22.5.1918. Die Artikel Stählis erschienen am 20.7.1918 und<br />

27.7.1918 im "Metallarbeiter".<br />

113 CD 25.6.1919.<br />

114 50 Jahre CMV (Christlicher Metallarbeiter-Verband) Luzern, S. 9.<br />

115 Schreiben Zimmerlis an den SMUV vom 30.9.1919 (SMUV-Archiv).<br />

116 "10 Jahre Gewerkschaftsarbeit Luzern-Emmenbrücke", S. 6. und 15. Schreiben Zimmerlis an den SMUV<br />

vom 30.10.1919 (SMUV-Archiv).<br />

117 Trüeb (1992), S. 38.<br />

118 "Neue Ordnung" 18/5.2.1921.<br />

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