DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur
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Die Grütlianer hatten sich im Ersten Weltkrieg von der SP abgespalten. Diese verbot aber<br />
Doppelmitgliedschaften aus Rücksicht auf ihren gemässigten Flügel erst 1918. Den höchsten<br />
Bestand erreichten die Grütlianer 1919 mit 303 Mitgliedern (wovon ca. 100 in der Stadt, die<br />
übrigen grossteils in den Agglomerationsgemeinden). 1925 schloss sich der inzwischen<br />
dezimierte Grütliverein wieder der SP an.<br />
Mit dem Volkshaus am zentral gelegenen Pilatusplatz verfügte die Arbeiterbewegung seit<br />
1913 über ein eigenes Vereinslokal. Es war teilweise mit der Emission von Anteilscheinen zu<br />
20 Franken finanziert worden. Die Zahl der Genossenschafter des Volkshausvereins erhöhte<br />
sich von 130 vor dem Weltkrieg auf 298 im Jahr 1922.<br />
Angesichts der damals sehr hohen städtischen Bevölkerungsfluktuation - in Spitzenjahren bis<br />
zu einem Fünftel der Stadtbewohner - zeichnete sich die Mitgliederstruktur des<br />
Volkshausvereins durch hohe personelle Stabilität aus. Vier Fünftel der Genossenschafter von<br />
1911 gehörten dem Volkshausverein auch 1922 noch an. Die meisten wohnten an beiden<br />
Stichjahren in der Stadt. Die vier linksseitigen Stadtbezirke Säli/Bruchmatt, Neustadt,<br />
Allmend/Kleinmatt und Sternmatt/Tribschen beherbergten 1922 51% der Mitglieder<br />
(Bevölkerungsanteil: 25,7%). An der Basel- und Bernstrasse lag der Anteil mit 4,5%<br />
(Bevölkerungsanteil: 8,7%) gleich tief wie auf der rechten Stadtseite (siehe Anhang 48). 174<br />
Auffällig ist, dass nur wenige Fabrikarbeiter dem Verein angehörten: Metallarbeiter fehlten<br />
gänzlich, obwohl 1922 in Luzern und Emmenbrücke 672 gewerkschaftlich organisiert waren<br />
(27,3% aller Gewerkschafter). Schlecht verdienende (Hilfs-)Arbeiter und Taglöhner konnten<br />
sich eine Mitgliedschaft kaum leisten. Das nötige Kapital von 20 Franken entsprach 1910<br />
einem Wochenlohn eines Handlangers bei der Firma Bell in Kriens, 1921 noch knapp zwei<br />
Taglöhnen. 175 Die Sozialstruktur des Volkshausvereins ist somit für die SP nicht<br />
repräsentativ, sondern widerspiegelt den materiell besser situierten Teil der Parteibasis. Dies<br />
wird auch dadurch offenkundig, dass die im Verkehrssektor beschäftigten Genossenschafter<br />
zu 70% Bahnangestellte und nicht etwa Bahnarbeiter waren. Viele von ihnen bekleideten<br />
gehobene Stellungen wie Zug- oder Lokführer (1911 fast die Hälfte, 1922 noch 40%). Die<br />
Analyse der Einkommensverhältnisse bestätigt den mittelständischen Charakter der<br />
Trägerschaft des Volkshausvereins.<br />
Tab. 25: Durchschnittliches Einkommen der Mitglieder des Volkshausvereins, der<br />
Steuerpflichtigen des Untergrundquartiers sowie der Grossstadträte 1911 und <strong>1920</strong> (in Fr.)<br />
liberale konservative SP- Mitglieder Bewohner<br />
Grossstadträte Grossstadträte Grossstadträte Volkshausverein Untergrund<br />
1911 7'017 3'117 3'050 1'403 616<br />
<strong>1920</strong> 8'148176 8'109 3'732 2'724 1'017<br />
Quelle: Steuerbüchlein 1911. Steuerregister <strong>1920</strong>. Brunner (1981), S. 75.<br />
174 Jb. des Volkshausvereins 1921.<br />
175 Reallöhne (1982), S. 185.<br />
176 Ein Bankier war steuerfrei. Deshalb wurden die Durchschnitte auf 11 Mandate berechnet.<br />
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