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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Wählern liberal, drei sozialistisch, zwei konservativ; jeder zwölfte Wähler stimmte für die<br />

Grütlianer. Die Liberalen kamen auf 25 Sitze, die SP auf 19, der Grütliverein auf vier;<br />

Konservative und Christlichsoziale erzielten mit gemeinsamer Liste 12 Mandate (davon drei<br />

Christlichsoziale). 159 1923 errang auch die kommunistische Partei mit 86 Stimmen bzw. 1,1%<br />

Wähleranteil ein Mandat (quartierspezifische Resultate in Anhang 44).<br />

Die SP erreichte in den Wahlgängen 1919-1923 (je zweimal Grossrats-, Nationalrats- und<br />

Stadtratswahlen) einen durchschnittlichen Stimmenanteil von 32,6% auf dem linken und<br />

18,5% auf dem rechten Ufer; die Liberalen und die Konservativen erzielten im rechten<br />

Stadtteil mehr Stimmen (Liberale: 37,6% auf dem linken Ufer, 44% auf dem rechten Ufer;<br />

Konservative: 18,7% auf dem linken Ufer, 27,5% auf dem rechten). Auch kantonal<br />

verdoppelte die SP 1919 ihren Stimmenanteil: neu kam sie auf knapp 10% bzw. 12<br />

Grossratsmandate. Acht davon entfielen auf die Stadt, drei auf Kriens/Malters, eines auf<br />

Emmen. 1923 gewann die SP in der Stadt nochmals zwei Mandate dazu (quartierspezifische<br />

Ergebnisse in Anhang 42). 160 1922 wurde mit Josef Weibel161 der erste Luzerner<br />

Sozialdemokrat in den Nationalrat gewählt. Die Grütlianer grenzten sich nach dem Krieg als<br />

national gesinnte Sozialdemokraten gegen "Hypersozialisten" und "anarchistische Theorien"<br />

ab, was ihnen vier Grossratsmandate eintrug (Stimmenanteil in der Stadt 9%, kantonal<br />

2,5%). 162<br />

Die konservativen Wahlkämpfe der Nachkriegszeit bestimmte trotz teilweisen Einbezugs der<br />

Christlichsozialen die Losung "Rechtsanhalten". Die Christlichsozialen - von<br />

Rechtskonservativen auch despektierlich als "Weihwassersozialisten" oder "Sozialisten mit<br />

Rosenkranz" tituliert - erzielten mit ihrer ersten eigenen Liste bei den Nationalratswahlen<br />

1919 kantonal 5%, in der Stadt 8,1% der Stimmen. Auf nationaler Ebene zogen sie 1919<br />

erstmals in den Nationalrat ein (5 Mandate).<br />

Signifikante parteipolitische Unterschiede zeigt das Panaschierverhalten der Wähler.<br />

Während Liberale, Sozialdemokraten und Grütlianer bei den Nationalratswahlen 1922 in der<br />

Stadt unter einem Zusatzstimmen-Anteil von 5% blieben, verbuchten die Christlichsozialen<br />

20% und die Konservativen über 30% (siehe Anhang 43). Im Gegensatz zur linken<br />

Wählerschaft spielte in der konservativen "Grossfamilie" offensichtlich gegenseitige<br />

Solidarität. Die Wählerblöcke blieben ideologisch geschlossene politische Formationen mit<br />

hoher Parteidisziplin.<br />

Im Untergrund schnitten die Christlichsozialen trotz ihres sozialreformerischen Programms<br />

und der Tatsache, dass ein grosser Teil der Quartierbevölkerung aus der Luzerner Landschaft<br />

stammte, wo das katholische Milieu noch ungebrochen herrschte, schlechter ab als zum<br />

159 LVB 3.5.1919, 10.5.1919 und 17.5.1919.<br />

160 VS 19.5.1923.<br />

161 Josef Weibel (1879-1944), Präsident des Kreisvereins Obergrund, Grossrat ab 1915 (15 Jahre Präsident der<br />

sozialdemokratischen Grossratsfraktion), Nationalrat 1922-35, 1924 Wahl zum Amtsrichter, Präsident der<br />

Platzunion des Verkehrspersonals, des Volkshausvereins und der städtischen Partei wärend fünf Jahren,<br />

Administrator der Unionsdruckerei, Betreuer der Frauengruppe der SP.<br />

162 VS 29.4.1919 und 3.5.1919.<br />

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