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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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Dass 80% der städtischen Zensiten gemäss Verwaltungsbericht des Stadtrates von 1905<br />

steuerbare Einkommen unter 2'000 Franken aufwiesen, veranlasste SP-Grossstadtrat Albisser<br />

zu einer Interpellation, weshalb die Beträge so tief seien. Der Finanzdirektor bestätigte die<br />

Richtigkeit der statistischen Tabellen. Die tiefen Beträge erklärte er damit, dass die<br />

Existenzminima bereits abgezogen seien. 148<br />

Im Ersten Weltkrieg stiegen die Lebenshaltungskosten massiv. Der gesamtschweizerische<br />

Preisindex für "Nahrung, Getränke, Heizung und Beleuchtung" erhöhte sich von 95,5<br />

Indexpunkten 1910 auf 233,2 <strong>1920</strong>. 149 Die grütlianische "Luzerner Volksstimme" berechnete,<br />

gestützt auf die einschlägigen statistischen Unterlagen, für eine fünfköpfige Luzerner<br />

Arbeiterfamilie für das Jahr 1914 Lebenshaltungskosten von 2'750 Franken, für <strong>1920</strong> mit<br />

5'521 Franken mehr als das doppelte (zu den einzelnen Ausgabenposten siehe Anhang 53).<br />

Trotzdem sank gemäss Steuerstatistik gesamtstädtisch der Anteil der Einkommensklasse bis<br />

2'000 Franken bloss von 77,5% auf 57,8% (siehe Anhang 22). Die Gruppe der<br />

einkommensschwächsten Steuerpflichtigen im Untergrund versteuerte 1891 525 Franken,<br />

1910 und <strong>1920</strong> sogar nur 200 Franken. Addiert man zu diesen niedrigen Beträgen die<br />

maximal möglichen Abzüge, erhält man Nettoeinkommen um die 1'000 Franken. Ein<br />

städtischer Arbeiter verdiente aber 1906 je nach Sparte 1'200-1'800 Franken, ein beim Kanton<br />

beschäftigter Kanzlist 1883 bereits 1'400-1'600 Franken, 1911 2'200-3'200 Franken und 1919<br />

3'500-4'500 Franken. Weitere Erklärungen für die tiefen Steuerbeträge sind etwa: 1. nicht<br />

ausgewiesene Nebenverdienste von Familienangehörigen; 2. Arbeitszeitverluste bzw. nur<br />

sporadische Erwerbstätigkeit v.a. bei Hilfsarbeitern (Maler und Tapezierer arbeiteten z.B. laut<br />

"Centralschweizerischem Demokrat" 1919 zum Teil weniger als 200 Tage150 ); 3. liberale,<br />

nicht dem Buchstaben des Gesetzes entsprechende Taxierung seitens der Steuerbehörde<br />

angesichts angespannter sozialer Verhältnisse (für <strong>1920</strong> liegen entsprechende Weisungen<br />

vor).<br />

148 Prot. des Grossen Stadtrats von Luzern 9/27.12.1905.<br />

149 Reallöhne (1982), Bd. Ergebnisse, S. 153.<br />

150 CD 13.8.1919.<br />

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