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DER LUZERNER UNTERGRUND 1850-1920 - Terminus Textkorrektur

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auf. 336 Total waren ca. 600 Gewerkschafter christlichsozial organisiert; die Standesvereine<br />

umfassten doppelt so viele Mitglieder. 337<br />

"Wir haben einen sehr schweren Stand seit dem Generalstreik, denn die 'Christen' haben<br />

tatsächlich sich bemerkbar gemacht und versuchen überall, Dreck in die Milch zu schütten",<br />

beurteilte der sozialdemokratische Metallarbeitersekretär Zimmerli <strong>1920</strong> die Situation in den<br />

Metallarbeitergewerkschaften. 338 Zimmerli schrieb diese Zeilen vor dem Hintergrund bitterer<br />

Enttäuschung über abtrünnige Gewerkschafter. Mit der Fusion der Metallarbeitersektionen<br />

von Luzern und Emmenbrücke 1918 war Ludwig Bühler zum Sektionspräsidenten gewählt<br />

worden. 339 Schon bald zerstritt sich Bühler aber mit dem SMUV in Bern und Zimmerli.<br />

Anlass war die Aushandlung eines Arbeiterstatuts bei von Moos. Bühler trat schliesslich als<br />

Sektionspräsident zurück und begann, eine christlichsoziale Gewerkschaft bei von Moos<br />

aufzubauen. 340 Bis Januar 1919 hatte er 84 Gewerkschafter abgeworben. Ihre<br />

Austrittsschreiben an den SMUV lauteten alle gleich: "Erklärung: Durch die Ausführung des<br />

Landesstreiks hat der Schweizerische Metall- und Uhrenarbeiterverband revolutionäre<br />

Tendenzen bestätigt, worin eine Umwandlung des Vereinszweckes liegt, die gemäss Art. 74<br />

ZGB keinem Mitglied aufgenötigt werden darf. Der Unterzeichnete erklärt hiermit den<br />

Austritt." 341 Die christlichsoziale Metallarbeitergewerkschaft konnte sich indessen nicht<br />

etablieren. Zwei Jahre nach dem Landesstreik war ihr Mitgliederbestand immer noch sehr<br />

schwach (Emmenbrücke 67, Luzern 13, Kriens 29, Sursee 42). 342 Insgesamt verloren die<br />

freien Gewerkschaften nach dem Landesstreik nicht sehr viele Mitglieder an christlichsoziale<br />

Organisationen.<br />

Die jungkonservative Bewegung wuchs aus den kirchlichen Jünglingsvereinen heraus, die in<br />

den 90er Jahren des 19. Jh. von den Luzerner Theologen Josef Beck und Albert Meyenberg<br />

gegründet worden waren. 343 Die ausschliesslich religiöse Zweckbestimmung der von<br />

Geistlichen geführten Jünglings- und Jungmännervereine erschien konservativen Politikern<br />

aber bald als zu eng. Dass die geistlichen Vereinsleiter die Jünglinge mitunter von<br />

Parteipolitik fernzuhalten versuchten, provozierte geradezu die Entstehung politischer<br />

Jugendgruppen. 344 Kam dazu, dass vor dem Hintergrund der sich radikalisierenden<br />

336 Heinrich Lüthi (1890-1976), Holzarbeiter in Kriens, Präsident des christlichsozialen Gewerkschaftskartells<br />

von Luzern, Mitglied des Zentralvorstands des Christlichnationalen Gerwerkschaftsbundes (CNG), 1919-1947<br />

Grossrat, ab 1942 Amtsrichter.<br />

337 Lüthi, in: 50 Jahre christliche Gewerkschaften, S. 6.<br />

338 Schreiben Zimmerlis vom 19.1.<strong>1920</strong> an den SMUV (SMUV-Archiv).<br />

339 "10 Jahre Gewerkschaftsarbeit Luzern-Emmenbrücke", S. 5-6.<br />

340 Schreiben Zimmerlis an den SMUV vom 7.9.1918 und 11.9.1918 (SMUV-Archiv).<br />

341 Zitat aus einem Schreiben Zimmerlis an den SMUV vom 10.1.1919 (SMUV-Archiv).<br />

342 "10 Jahre Gewerkschaftsarbeit Luzern-Emmenbrücke", S. 3-4.<br />

343 Konservativ Luzern 1871-1921, S. 138. Der Luzerner Josef Beck wirkte 1891-1934 als Theologieprofessor<br />

in Freiburg.<br />

344 Gewisse Geistliche befürworteten durchaus eine politische Jugendarbeit. Etwa Prälat Meyenberg, der auf<br />

dem schweizerischen Katholikentag 1913 für eine "parteipolitische Schulung der reiferen Jungmannschaft"<br />

plädierte.<br />

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