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Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich

Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich

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Rheinau. Ehemalige Klosteranlage. Ausschnitt aus dem Altargemälde<br />

von Lucas Wiestner von 1694 mit Darstellung des neuen<br />

Männergasthauses von 1675/76.<br />

Der eigentliche Ausbau bestand im wesentlichen in der<br />

Aufstockung der bisherigen zweigeschossigen «Kuchi» um<br />

ein volles Geschoss. Bei diesem Ausbau wurde der alte<br />

Dachstuhl von 1528 in praktisch unveränderter Form<br />

wiederverwendet. Der Umbau hingegen erstreckte sich unter<br />

anderem auf die Vereinheitlichung der Anlage der Fensteröffnungen<br />

– sämtliche Fenster bekamen spätgotisch<br />

profilierte Steineinfassungen und waren bis 1862 durchgehend<br />

mit steinernen Kreuzstöcken ausgerüstet – sowie auf<br />

die Neuorganisation und Ausstattung der Räumlichkeiten<br />

in den beiden oberen Geschossen. Diese erhielten zur optimalen<br />

Raumerschliessung je einen durchgehenden Längskorridor.<br />

Das Erdgeschoss dagegen behielt noch weitgehend<br />

seine mittelalterlich anmutende, unzweckmässige<br />

Grundrisskonzeption. Ein nicht mehr benötigter Querkorridor<br />

als Durchgang zum Rhein wurde an der Rheinseite<br />

einfach zugemauert und damit zu einem ziemlich funktionslosen<br />

Raumteil. Diese Zufälligkeiten in der Grundrisseinteilung<br />

führten dazu, dass die baulichen Eingriffe 1864/67<br />

nach der Klosteraufhebung beim Ausbau zur Pflegeanstalt<br />

im Bereich des Erdgeschosses recht rigoros waren.<br />

Das Männergasthaus, wie es sich nach den Bauunternehmungen<br />

von 1675/76 und mehr oder weniger auch heute<br />

noch als einheitliches dreigeschossiges Gebäude mit durchgehendem<br />

Satteldach und regelmässiger Anlage der Wandöffnungen<br />

präsentiert, ist also entgegen den Darlegungen<br />

von H. Fietz (vgl. Bauetappenplan Planbeilage III nach Seite<br />

142<br />

320, Kdm. Kt. <strong>Zürich</strong>, Bd. I, Basel 1938) nicht ein vollständiger<br />

Neubau von 1675/76, sondern das Produkt eines Umund<br />

Ausbaus zweier verschiedener aneinander gebauter Gebäude<br />

aus der ersten Hälfte des 16. Jh. Aus der Fassadenansicht<br />

ist die ehem. Baufuge heute nur noch an dem etwas unmotiviert<br />

wirkenden Fassadenknick nach der 5. Fensterachse<br />

von Osten erkennbar. Die Grundrissunregelmässigkeiten<br />

im Erdgeschossbereich die ehem. ebenfalls Zeugnis<br />

von der ursprünglichen Zweiteiligkeit des Männergasthauses<br />

ablegten, sind durch die Umbauten von 1864/67 und<br />

später vollständig ausgebügelt worden. Am Dachstuhlgefüge<br />

hingegen sind heute noch zwei ungefähr gleichzeitige,<br />

aber ehemals voneinander vollständig unabhängige Dachstühle<br />

eindeutig nachweisbar, mit je für sich separater<br />

Numerierung der Sparren mit römischen Ziffern von I–XV<br />

(östlicher Dachstuhl) und I–XIII (westlicher Dachstuhl).<br />

Der östliche Dachstuhl ist der 1675/76 um ein Geschoss angehobene<br />

Dachstuhl der alten «Kuchi» von 1528, und der<br />

westliche der beim Umbau 1675/76 an Ort belassene Dachstuhl<br />

der sog. «Burg», bei dem lediglich die östliche massive<br />

Giebelwand abgetragen wurde. Die letzten Zweifel an einer<br />

so frühen Datierung der beiden im Männergasthaus<br />

1675/76 vereinten Dachstühle verschwinden, wenn man<br />

sie mit den Dachstühlen der restlichen Konventbauten auf<br />

der Rheininsel vergleicht: sowohl der Dachstuhl des Westflügels<br />

von 1604 ff. als auch derjenige des Südflügels von<br />

1632 zeigen wesentlich jüngere Formen. Ch. Hagen<br />

Literatur: E. Rothenhäusler, Baugeschichte des Klosters Rheinau,<br />

Dissertation <strong>Zürich</strong>, 1902, bes. S. 40 f., 47 f., 86 ff. und 128 ff.;<br />

H. Fietz, Der Bau der Klosterkirche Rheinau, Bauwesen und <strong>Denkmalpflege</strong><br />

des <strong>Kanton</strong>s <strong>Zürich</strong>, Band 3, <strong>Zürich</strong> 1932, S. 133; Kdm.<br />

Kt. <strong>Zürich</strong>, Bd. I, Basel 1938, S. 225–238 und 320–331 sowie<br />

Planbeilagen III, IV und V nach S. 320; H. M. Gubler, Peter<br />

Thumb, Ein Vorarlberger Barockbaumeister, Sigmaringen 1972,<br />

S. 55.<br />

Rheinau. Ehemalige Klosteranlage. Männergasthaus. Fassadenriss<br />

von Thomas Comacio um 1675. (Original im Stiftsarchiv Einsiedeln)

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