Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich
Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich
Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich
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Veltheim. Reformierte Kirche. Federzeichnung von Heinrich Keller<br />
um 1825. (Original in ZB, Graph. Smlg.)<br />
im Bereich der «Rampe», sowie mit römischen Leisten-,<br />
Rund- und Heizziegelfragmenten, römischen Keramik-,<br />
auch Terra-sigillata-Scherben, einem Randfragment eines<br />
grünen Glases mit herausgeschliffenem kleinen «Rüssel»<br />
und verschiedenen Eisengegenständen: zwei verschieden<br />
grossen treichelartigen Glocken, einem streitaxtähnlichen<br />
Beil, einem «gewöhnlichen» Beil, einem im Querschnitt quadratischen,<br />
40 cm langen «Stab» und einem zusammengedrückten<br />
Kesselrand. Zudem lagen bei der Südwestecke drei<br />
Fragmente von Rinderkiefern.<br />
Hätten wir nicht das dem Frühmittelalter zuzuweisende<br />
«geschwungene» Beil und die «Rüssel»-Glasscherbe, müssten<br />
wir die Grube in römische Zeit, wenn nicht noch älter datieren.<br />
So aber dürfte die Grube im 6./7. Jh. aus dem Tuffsteinfels<br />
ausgehauen worden sein. – Wofür? Diese Frage ist<br />
wohl kaum je eindeutig zu beantworten. Ein Keller oder<br />
eine kellerartige Eintiefung unter einem Pfostenhaus kann<br />
die Grube kaum gewesen sein; denn der Boden zeigte weder<br />
eine Abscheuerung noch andere Spuren einer Begehung –<br />
noch gar Spuren einer Bodenkonstruktion. Frühmittelalterarchäologen<br />
wie Dr. M. Martin, Augst, dachten an die ausgeraubte<br />
Grube des Kammergrabes eines Grossgrundbesitzers<br />
des 6. oder 7. Jh. Dieser Deutung stehen aber die<br />
enorme Grösse, die Rampe im Westen und das vollständige<br />
Fehlen von menschlichen Knochen entgegen. Möglich, dass<br />
hier alles Notwendige für eine Bestattung vorgekehrt, diese<br />
aber dann anderswo vorgenommen wurde?<br />
260<br />
Die Spuren einer ersten Kirche zeichneten sich just über und<br />
nördlich dieser Grube ab; denn die Bauleute hatten als Bauplatz<br />
gerade die von West nach Ost streichende Tuffsteinbank<br />
am Fuss eines Ausläufers des Wolfensbergs gewählt.<br />
Von einer starken Westmauer zeugte ein flacher, aus dem<br />
Tuff gehauener Fundamentgraben. Die einstige Nordmauer<br />
war dank einem ähnlichen Auflager im Tuffsteinfels sowie<br />
aufgrund von Abdrücken der südlichsten und untersten<br />
Steinreihe des Fundamentes zu lokalisieren. Teile des Fundamentes<br />
der Südmauer waren innerhalb der sandig-humosen<br />
Grubeneinfüllung erhalten geblieben. Die Ostmauer<br />
aber kann nur hart westlich eines damals bekannten Grabes<br />
– Nr. 61 – hochgeführt gewesen sein. Leider waren vom<br />
Fundamentgraben nur noch sehr unklare Spuren im Tuff<br />
auszumachen.<br />
Der Grundriss zeichnete sich auch dank den westlich, südlich<br />
und östlich der Mauerspuren angelegten, durchwegs<br />
nach Osten orientierten Gräbern sehr gut ab. Nordseits waren<br />
sie einst sicher ebenfalls vorhanden, aber durch bauliche<br />
Eingriffe vollständig verschwunden.<br />
Diese erste Rechteckkirche war relativ gross, d. h. rund 6 m<br />
breit und 9,50 m lang. Das Innere muss nach H.R. Sennhauser<br />
durch eine hölzerne Chorschranke in Chor und Schiff<br />
aufgeteilt gewesen sein. Jedenfalls fanden sich nördlich der<br />
grossen Grube zwei in einer Querachslinie liegende rechtekkige<br />
Pfostenlöcher.<br />
Vom Altar fand sich keine Spur.<br />
Für die Festlegung der Erbauungszeit dieser ersten Kirche<br />
dürften die schlecht erhaltenen Skelettreste zweier Gräber<br />
von Bedeutung sein: einerseits des eben erwähnten Kindergrabes<br />
Nr. 61 und anderseits des Frauengrabes Nr. 2. Die<br />
Ostmauer muss, wie erwähnt, hart westlich über dem Grab<br />
Nr. 61 erbaut worden sein, und das Grab Nr. 2 hat man offenbar<br />
im Innern der Kirche dicht neben der Südmauer angelegt.<br />
Da die beiden Bestattungen gemäss 14 C-Analysen*<br />
im Zeitraum zwischen 560 und 700 bzw. 540 und 680 erfolgt<br />
sein müssen, dürfte die erste Kirche in Veltheim um<br />
die Mitte, spätestens in der zweiten Hälfte des 7. Jh. errichtet<br />
worden sein.<br />
Eine weite Bauetappe lässt sich im Gefolge eines Umbaues<br />
dieser Kirche umschreiben: Um wohl das Kirchenschiff zu<br />
vergrössern, wurde die bisherige Ostmauer – um eine<br />
Mauerbreite weiter östlich – durch eine neue ersetzt.<br />
Gleichzeitig hat man die alte Chorschranke aufgegeben und<br />
2 m weiter östlich eine neue aufgestellt. Als Überreste derselben<br />
deutete H.R. Sennhauser zwei kleine, 70 cm ausein-<br />
* Die 14 C-Analysenergebnisse des Physikalischen Instituts der<br />
Universität Bern vom 22. Januar 1982 lauten:<br />
Skelett aus Grab Nr. 61: 1320 ± 70 BP = zwischen 560 und 700<br />
n. Chr.<br />
Skelett aus Grab Nr. 2: 1340 ± 70 BP = zwischen 540 und 680<br />
n. Chr.