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Zürcher Denkmalpflege, 9. Bericht 1977-1978, 1.Teil - Kanton Zürich

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Eine Kirche vor 1275 (Bauetappe 1)<br />

Als älteste Baureste liessen sich 90 bis 100 cm breite Fundamentüberbleibsel<br />

einer Nord- und einer Westmauer identifizieren,<br />

die in der Südhälfte des Kirchenschiffes, hart innerhalb<br />

der Südmauer, zutage kamen. Von der Nordmauer<br />

war noch die Ostpartie und von der Westmauer ein Fundamentstumpf<br />

erhalten. Dieser ragt 70 cm aus dem Fundament<br />

der Südmauer heraus, während der Ostteil der ehemaligen<br />

Nordmauer vom Fundament der südlichen Vorlage<br />

des spätgotischen Chorbogens überdeckt wird. Leider zeitigten<br />

die südlich der Kirche vorgenommenen Sondierungen<br />

keine zusätzlichen Reste der Westmauer, sie liessen<br />

vielmehr erkennen, dass sich hier über Jahrhunderte hinweg<br />

der Friedhof befunden hatte. Wo immer wir oder die Bauarbeiter<br />

gruben, zeigte sich bis in rund 1 ½ m Tiefe mit<br />

menschlichen Skelettresten durchsetzte Friedhoferde.<br />

Die aufgezeigten Fundamentreste stammen zweifellos von<br />

einem ältesten Kirchengebäude. Aus der Lage dieser Rudimente<br />

und aus den Überresten des später angefügten Chorturmes<br />

zu schliessen, muss der Innenraum 9,80 × 6,50 m<br />

weit gewesen sein. Die Baureste zeugen von einem kräftigen,<br />

gut gemörtelten Kieselsteinmauerwerk. Dieses aufgrund<br />

der Fundamentabmessungen im Grundriss etwa<br />

10,80 x 6,80 m grosse Gebäude dürfte anfänglich als einfache<br />

Saalkirche bzw. als Kirchensaal erstellt worden sein,<br />

wenngleich dies anhand der Baureste auch nicht mehr eindeutig<br />

nachzuweisen ist.<br />

Die Breite der Fundamente – sie schwankte zwischen 1 und<br />

1 ,10 m – liess auf entsprechend dicke Mauern von bis 80 cm<br />

schliessen. Da die Mauerdicke frühmittelalterlicher Kirchen<br />

2 Fuss oder sogar weniger beträgt und auch sonst nichts auf<br />

eine karolingische oder gar merowingische Gründung hinweist,<br />

muss dieser erste Kirchenbau in Russikon in romanischer<br />

Zeit entstanden sein. Und tatsächlich gibt es allein im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> eine ganze Anzahl archäologisch erschlossener<br />

Saalkirchen des 12./13. Jh.:<br />

Affoltern a. A. (8. Ber. ZD 1975/76, S. 20)<br />

Bülach (6. Ber. ZD 1968/69, S. 24 bzw. 7. Ber. ZD 1970–<br />

1974 – 2. Teil, S. 28)<br />

Henggart (7. Ber. ZD 1970–1974 – I. Teil, S. 71)<br />

Hinwil (6. Ber. ZD 1968/69, S. 66)<br />

Knonau (2. Ber. ZD 1960/61 , S. 72)<br />

Mettmenstetten (2. Ber. ZD 1960/61, S. 65)<br />

Rifferswil (8. Ber. ZD 1975/76, S. 174)<br />

Rorbas (7. Ber. ZD 1970–1974 – 2. Teil, S. 150)<br />

Schöfflisdorf (4. Ber. ZD 1964/65, S. 98)<br />

Wetzwil (8. Ber. ZD 1975/76, S. 84)<br />

Zell (1 . Ber. ZD 1958/59, S. 72)<br />

Angesichts dieser grossen Zahl romanischer Saalkirchen allein<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> ist es sehr wahrscheinlich, dass die<br />

erste Kirche in Russikon im 13. Jh., und zwar höchst wahrscheinlich<br />

von Graf Rudolf I. von Rapperswil um 1250 er-<br />

Russikon. Reformierte Kirche. Federzeichnung von Hch. Keller.<br />

Um 1825. (Original in ZB, Graph. Smlg.)<br />

baut worden ist. Es handelt sich jedenfalls um die 1275 im<br />

Zusammenhang mit dem Kreuzzugszehnten erwähnte<br />

Kirche.<br />

Von der Ausstattung dieser Kirche ist nichts übrig geblieben<br />

als ein kleiner Rest eines Mörtelbodens – hart östlich<br />

des Seitenportals der heutigen Kirche.<br />

Russikon. Reformierte Kirche. Aquarell von L. Schulthess, 183<strong>9.</strong><br />

(Original in ZB, Graph. Smlg.)<br />

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