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Naturforschende Gesellschaft Kanton Schwyz - Geologie und ...

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Schutt füllte die Mulde. In der Rinnenfüllung sind<br />

palynologisch zwei Warmzeiten nachgewiesen (SID-<br />

LER 1988). Darunter folgen noch mindestens 170 m<br />

moränenartige Sedimente, die in ihrer Position – quer<br />

zur Fliessrichtung der Gletscher – eine Reihe weiterer<br />

Kalt/Warmzeit-Zyklen beinhalten können; zuunterst<br />

sind Sande erbohrt worden (WYSSLING & FELBER<br />

1995). Die untere Moränen-Abfolge möchte WYSS-<br />

LING (2002) als Gr<strong>und</strong>moräne einer einzigen Kaltzeit,<br />

der „Grössten Eiszeit“, zuweisen. Eine derart mächtige<br />

„Gr<strong>und</strong>“moräne einer einzigen Kaltzeit wäre<br />

absolut einmalig. Die Verfrachtung zäher, kompakter<br />

„Gr<strong>und</strong>“moräne am Gletscherboden, wo die Schubkraft<br />

des Gletschers scharf abfällt, ist auszuschliessen.<br />

Dagegen erfolgte der Transport problemlos als zu<br />

Obermoräne vereinigten Mittelmoränen, bei der das<br />

Eis als Förderband gewirkt hat (WAGNER 2001c). Wohl<br />

tritt Gr<strong>und</strong>moräne meist am Gletschergr<strong>und</strong> auf; doch<br />

sind Wysslings Dimensionen um zwei Grössenordnungen<br />

zu gross.<br />

Der Nachweis der Menzinger Rinne <strong>und</strong> ihre Füllung<br />

haben nicht nur Konsequenzen für die Deutung der<br />

Geschichte zwischen Zürichsee <strong>und</strong> Zuger See. Nach<br />

bisheriger Auffassung wären die Täler des Mittellandes<br />

in Warmzeiten des Eiszeitalters bei bis über 70 %<br />

Waldbedeckung im Alpen-Vorland <strong>und</strong> in den N-<br />

Alpen sukzessive eingetieft worden. In den Kaltzeiten<br />

wären vor den anrückenden Gletschern jeweils auf<br />

immer tieferen Niveaus gewaltige Schotterfluren<br />

geschüttet worden: Höherer, Mittlerer <strong>und</strong> Tieferer<br />

Deckenschotter. Am bayerischen Eisrand werden zuoberst<br />

noch ältere Deckschotter unterschieden.<br />

In den Schweizer Deckenschottern lassen sich geröllanalytisch<br />

verschiedene Schotterstränge auseinanderhalten,<br />

so dass sich diese gliedern lassen (GRAF 1993,<br />

1995, in MATOUSEK et al. 2000K, BITTERLI et al. 2000K,<br />

BOLLIGER et al. 1996, HANTKE & WAGNER 2003a,b,<br />

HANTKE et al. 2003) <strong>und</strong> teils pliozänes Alter belegen.<br />

Unterhalb der Deckenschotter werden für eine differenziertere<br />

Geschichte des mittleren <strong>und</strong> jüngeren<br />

Pleistozäns – je nach Schule – weitere, vom jeweiligen<br />

Eisrand aus geschüttete Schotterfluren unterschieden:<br />

mehrere Hoch-, Mittel- <strong>und</strong> Niederterrassenschotter.<br />

Für all diese höheren schweizerischen Schotterfluren<br />

bietet sich eine weit realistischere Deutung an: Sie<br />

wurden lokal vom Rand in bereits in Tälern fliessenden<br />

Gletschern auf eisfreie Hochflächen geschüttet.<br />

Dabei kommt den Mittelmoränen für die Lieferung<br />

des Schuttgutes entscheidende Bedeutung zu (HANTKE<br />

1991 S. 208; WAGNER 1997 S. 134, WAGNER 2001c):<br />

Es sind auf Molasse- oder Tafeljura-Riedel auf Gr<strong>und</strong><br />

gelaufene, durch Schmelzwasser <strong>und</strong> Regengüsse ver-<br />

112<br />

frachtete, „moränennahe“ Schotterfluren (HANTKE &<br />

WAGNER 2003a,b).<br />

Wie steht es mit dem in den Erdwissenschaften immer<br />

wieder diskutierten Abtrag von Deckenteilen <strong>und</strong> von<br />

ganzen Decken? Im Muotatal, auf Silberen, Charetalp<br />

<strong>und</strong> Glattalp, lässt sich der Abtrag durch Lösung bei<br />

auf nacktem Kalkhochflächen aufliegenden Findlingen<br />

ermitteln. Unter ihnen hat sich ein maximal 10–12<br />

cm hoher, an Gletschertische erinnernder Kalkschemel<br />

gebildet. Die Findlinge liegen auf einem Kranz auf<br />

dem Silberen-Plateau; für einen letztspätwürmzeitlichen<br />

Moränenwall hat die Substanz nicht ausgereicht.<br />

Doch haben die Blöcke seit dem Eisvorstoss vor<br />

11'000 Jahren die Karsthochfläche vor Lösungsabtrag<br />

geschützt (Abb. 7.2). Aus der Höhe der Kalkschemel<br />

resultiert ein Abtrag der umliegenden Karstfläche von<br />

1 cm in 1000 Jahren. Ähnliche Schemel finden sich<br />

auf Rautialp (Kt. Glarus), <strong>und</strong> BRÜCKNER (1956b) hat<br />

solche – noch ohne chemischen Abtrag – vom Hoch<br />

Fulen-Gebiet (Kt. Uri) beschrieben.<br />

Abb. 7.2 Erratiker auf Kalkschemel des letzten spätwürmzeitlichen<br />

Eisvorstosses auf Oberist Twärenen, Silberen<br />

(Kt. <strong>Schwyz</strong>). Unter dem Erratiker blieb die<br />

Oberfläche vor der Karbonatlösung durch Regen<strong>und</strong><br />

Schneeschmelzwasser bewahrt: Es entstand<br />

ein Kalkschemel. Bei Blöcken, die sich im letzten<br />

spätwürmzeitlichen Gletschervorstoss abgesetzt<br />

haben, erlaubt die Schemelhöhe von 10–12 cm eine<br />

Lösungsrate von 1 cm/1000 Jahre zu ermitteln.<br />

Für die Zeit seit der Platznahme der helvetischen<br />

Decken vor fünf Mio. Jahren ergäbe sich zunächst ein<br />

Lösungsabtrag von maximal 50 m. Auf den flachen<br />

Hochflächen war dieser jedoch unter dem kaltzeitlichen<br />

Eisschild geringer Vorstoss- <strong>und</strong> Abschmelzphasen<br />

haben später eingesetzt <strong>und</strong> früher aufgehört.<br />

An vertikalen Flächen – zwischen Schrattenkalk <strong>und</strong><br />

eingepresstem Kieselkalk der aufliegenden Toralp-<br />

Abfolge – konnten gar nur wenige cm bis dm beobachtet<br />

werden. Der mechanische Abtrag ist auf den<br />

Hochflächen minimal; er beschränkt sich auf lokales

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