Naturforschende Gesellschaft Kanton Schwyz - Geologie und ...
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1.4 Eiszeitalter<br />
War es die Sintflut, die ortsfremde Gesteine aus den<br />
Alpen ins Mittelland spülte? Diese Frage beschäftigte<br />
die Forscher lange Zeit. Schon im späten 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
fiel dem Sohn des Pfarrers von Grindelwald auf,<br />
dass alte Moränen weit ausserhalb der Gletscher lagen.<br />
Der Walliser Forstingenieur Venetz mutmasste in der<br />
ersten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts als erster, dass die<br />
Alpengletscher bis ins Mittelland vordrangen. De<br />
Charpentier, Direktor der Salzminen von Bex, hielt<br />
erstmals öffentlich eine Rede über solche Gletscherausdehnungen<br />
<strong>und</strong> wurde ausgelacht. Letztendlich<br />
verhalf LOUIS AGASSIZ 1840 der Eiszeittheorie zum<br />
Durchbruch.<br />
Vor der Mitte des 19. Jahr<strong>und</strong>erts war klar, dass mindestens<br />
zwei Kaltzeiten existierten. HEER (1865, 1879)<br />
fand in Warmzeiten abgelagerte Schieferkohlen zwischen<br />
kaltzeitlichen Ablagerungen. PENCK erkannte<br />
um 1885 drei Vereisungen, 1901 deren vier, die er nach<br />
den süddeutschen Flüssen Günz, Mindel, Riss <strong>und</strong><br />
Würm benannte. In der Folge stieg die Anzahl Kaltzeiten<br />
ständig an. Nach heutigen Erkenntnissen sind es<br />
mindestens 12 Kaltzeiten mit markanten Gletschervorstössen.<br />
Früher wurden die Ablagerungen des vorletzten Gletschervorstosses<br />
als „Riss“ bezeichnet <strong>und</strong> als die grössten<br />
Vorstösse interpretiert. Untersuchungen zeigten,<br />
dass die vorletzte Kaltzeit bei weitem nicht die grösste<br />
war. Heute spricht man von „Grossen <strong>und</strong> Grössten<br />
Vergletscherungen“, von denen die mächtigen Ablagerungen<br />
stammen. Die „Würm“-Kaltzeit wird einfach<br />
„Letzte Vergletscherung“ genannt (SCHLÜCHTER &<br />
KELLY 2000). Der ganze Zeitabschnitt der Klimaschwankungen<br />
umfasst als Eiszeitalter mit Kalt- <strong>und</strong><br />
Warmzeiten die letzten zwei Millionen Jahre. In der<br />
grössten Kaltzeit vereinigten sich die grossen alpinen<br />
Gletscherströme bei Koblenz <strong>und</strong> stiessen bis Möhlin<br />
24<br />
vor. Die Ablagerungen der verschiedenen Kaltzeiten<br />
sind nur lückenhaft vorhanden, zu oft hat ein neuer<br />
Vorstoss die alten Ablagerungen überprägt. Die Warmzeiten<br />
können aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Floren<br />
<strong>und</strong> Faunen unterschieden werden (Kap. 1.7).<br />
Prozess (Was macht der Gletscher?) Resultierende Form (Wie sieht es aus?)<br />
Erosion / Abtrag<br />
Abrasion: Feine Gesteinspartikel am Gletschergr<strong>und</strong> scheuern<br />
das felsige Gletscherbett<br />
Gletscherschliff<br />
Plucking: Das Eis bricht Gesteinsstücke aus dem Fels Ausgebrochene Hohlformen auf der Leeseite von R<strong>und</strong>höckern<br />
Schmelzwassererosion: Schmelzwasser am Gletscherbett<br />
erodiert den Fels oder Lockergestein<br />
Gletschertöpfe, Strudellöcher im Fels (alte Bez. Gletschermühlen)<br />
Sedimentation / Ablagerung<br />
Ablagerung von Lockermaterial am Gletschergr<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>moräne mit gekritzten Geschieben<br />
Bulldozing: Verformung des Lockermaterials an der<br />
Gletscherfront beim Gletschervorstoss<br />
Endmoräne<br />
Ausschmelzen von Lockermaterial an der Oberfläche Mittel-, Ober- <strong>und</strong> Seitenmoränen<br />
Schmelzwassersedimentation: Mit dem Schmelzwasser Sander: Schotterebenen vor dem Gletscher<br />
transportiertes Lockermaterial wird abgelagert Esker: Mit Schotter gefüllte Gletscherkanäle<br />
Tab. 1.3 Gletscher gestalten die Kleinformen einer Landschaft (nach HAEBERLI et al. 2000).<br />
Abb. 1.24 Wechsellagerung Moräne (reine Gletscherablagerung)<br />
<strong>und</strong> eisrandnahe Schotter. Die Moräne ist<br />
chaotisch, die eisrandnahen, etwas verschwemmten<br />
Schotter sind eingeregelt.