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Frühpädagogik Studieren – ein Orientierungsrahmen für Hochschulen

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hatten dieses Ziel zu unterstützen. Fröbels Ideen verbreiteten sich weltweit. Maria<br />

Montessori (1870<strong>–</strong>1952) knüpfte an sie an, als sie ihre Theorie über das pädagogische<br />

Verhältnis von Erwachsenem und Kind entwickelte. Rund fünfzig Jahre später als<br />

Fröbel standen ihr jedoch bereits die Erkenntnisse <strong>ein</strong>er neuen (entwicklungs-)psychologischen<br />

Wissenschaft zur Verfügung. Ihr Bild war, dass das Kind s<strong>ein</strong>e Eindrücke<br />

der Welt unbewusst ‚»wie <strong>ein</strong> Schwamm aufsaugt« (absorbierender Geist) und<br />

diese Eindrücke im Geiste ordnet. Dabei entdeckte sie, dass Kinder zu bestimmten<br />

Zeitpunkten besonders sensibel <strong>für</strong> bestimmte Anregungen aus der Umwelt sind und<br />

dass diese sensiblen Phasen zu individuell unterschiedlichen Zeiten bei Kindern auftreten.<br />

Diese Erkenntnis wurde kürzlich durch die Neurowissenschaften bestätigt.<br />

Nach Montessori sollten pädagogische Fachkräfte anregende Umgebungen vorbereiten,<br />

jedes Kind gezielt beobachten und f<strong>ein</strong> abgestimmte Impulse durch ihre so<br />

genannte Drei-Schritte-Lektion geben können. Genauso wie Fröbel sah sie die entscheidende<br />

Aufgabe des Erwachsenen darin, dem Kind nicht vorzugreifen, sondern<br />

es zu begleiten und aufmerksam an s<strong>ein</strong>e Fragen und Handlungen anzuknüpfen. Die<br />

Erkenntnisse Maria Montessoris be<strong>ein</strong>flussten zwar die frühpädagogische Diskussion<br />

nachhaltig, ihre Methoden fanden jedoch k<strong>ein</strong>en Eingang in den klassischen<br />

Kindergarten und führten <strong>–</strong> wie andere reformpädagogische Bewegungen auch <strong>–</strong> <strong>ein</strong><br />

paralleles »Insel«-Das<strong>ein</strong>. Im Rahmen der Reichsschulkonferenz in den 1920er Jahren,<br />

bei der es um <strong>ein</strong>e politische und damit gesetzliche Neuordnung des Bildungsund<br />

Sozialwesens ging, wurden der Kindergarten und weitere Formen der öffentlichen<br />

Kinderbetreuung dem Jugendhilfebereich zugeordnet. Diese Zuordnung ist<br />

noch heute gültig. Zwischen den 1920er und 1970er Jahren gab es k<strong>ein</strong>e nennenswerte<br />

Weiterentwicklung der <strong>Frühpädagogik</strong>. Erst mit dem Ende des Wirtschaftswunders<br />

im Nachkriegsdeutschland und dem durch russische Erfolge im Wettrüsten<br />

der Weltmächte ausgelösten »Sputnikschock« rückten Bildungs<strong>ein</strong>richtungen wieder<br />

ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Dazu zählte auch der Kindergarten.<br />

In der Adaption entwicklungspsychologischer Kenntnisse aus der Begabungsforschung<br />

(hier ist Jerome Bruner (*1915) stellvertretend zu nennen) hatte man zunächst<br />

die Vorstellung, dass durch gezielte Förder- und Trainingsprogramme optimale Lernerfolge<br />

erzielt würden, an die dann die Grundschule anknüpfen könne. Die Evaluation<br />

dieses Ansatzes war jedoch enttäuschend. Es ließen sich kaum langfristige Lerneffekte<br />

nachweisen. Es zeigte sich sogar, dass offene, an der Lebenssituation der Kinder<br />

orientierte Angebote wesentlich bessere Ergebnisse bei der Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz<br />

von Kindern erzielen als die eher schulisch orientierten Förderprogramme<br />

<strong>für</strong> die 5-jährigen. Diese Erkenntnis ebnete den Weg <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

situationsorientierter Ansätze als pädagogische Programme <strong>für</strong> den Elementarbereich.<br />

Das situationsorientierte Arbeiten hat sich bis heute bewährt. Das zentrale Anliegen<br />

dieses pädagogischen Ansatzes ist es, Kinder in ihren Lebenssituationen ernst<br />

zu nehmen, sie als selbstbestimmte Individuen wahrzunehmen und ihnen so genannte<br />

Schlüsselqualifikationen zur Bewältigung ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Lebenssituationen<br />

mit auf den Weg zu geben. Partizipation und demokratische Teilhabe<br />

bilden wesentliche Elemente des Sozialen Lernens. Durch Adaptation anderer frühpädagogischer<br />

Konzepte erfuhr der Situationsansatz starke Differenzierungen, <strong>für</strong> die<br />

die Reggio- und Fr<strong>ein</strong>et-Pädagogik stellvertretend genannt werden sollen. Sie rücken<br />

das Kind als lernendes und wissbegieriges Wesen in den Vordergrund.<br />

19<br />

Maria Montessori<br />

knüpft an Fröbel an<br />

und be<strong>ein</strong>flusste frühpädagogischeDiskussionen<br />

nachhaltig,<br />

ohne sich in der Breite<br />

durchzusetzen.<br />

Der »Sputnikschock«<br />

sorgte <strong>für</strong> die Einführung<br />

besonderer Förder-<br />

und Schulungsprogramme,<br />

die wenig<br />

Wirkung zeigten.<br />

Der Situationsansatz<br />

versucht, sich stärker an<br />

der Lebenssituation von<br />

Kindern zu orientieren.

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