Frühpädagogik Studieren – ein Orientierungsrahmen für Hochschulen
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Forschung gibt Impulse<br />
<strong>für</strong> <strong>ein</strong>e innovative Praxis.<br />
Ein forschender Habitus<br />
ist <strong>ein</strong>e professionelle<br />
Schlüsselkompetenz:<br />
Er steht <strong>für</strong> Neugierde,<br />
Perspektivenwechsel und<br />
kritische Reflexion.<br />
<strong>Frühpädagogik</strong> <strong>Studieren</strong><br />
Die hochschuldidaktische Herausforderung ist damit so nahe liegend wie funda-<br />
mental <strong>–</strong> und im Übrigen im erziehungswissenschaftlichen Kontext alles andere als<br />
neu! Wenn bereits <strong>Studieren</strong>de lernen sollen, sich auf die Komplexität des Neuen und<br />
Fremden <strong>–</strong> wie auch des sch<strong>ein</strong>bar Vertrauten <strong>–</strong> mit offenem und entdeckendem Blick<br />
<strong>ein</strong>zulassen und dies zugleich in methodisch kontrollierter, nachvollziehbarer Art<br />
und Weise zu tun, dann muss das Studium durch <strong>ein</strong>e durchgehende und enge Verzahnung<br />
von Theorie und Praxis, von Aktion und Reflexion geprägt s<strong>ein</strong>, damit das<br />
Professionalisierungsziel des forschenden Lernens erreicht bzw. die Einsozialisierung<br />
in <strong>ein</strong>en »forschungsorientierten professionellen Habitus« (Friebertshäuser<br />
1996, S. 76) vorangetrieben werden kann. Insbesondere im Rahmen der Diskussion<br />
um die Lehrerbildung bzw. der Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern<br />
gibt es <strong>ein</strong>ige viel versprechende Projekte und Konzepte, die das forschende Lernen<br />
als integralen Bestandteil der pädagogischen Ausbildung betrachten (vgl. Interpretationswerkstatt<br />
PH Freiburg, 2004; Dirks & Hansmann, 2002; Helsper, 2000; Combe<br />
& Helsper, 1996; Helsper, 2001). Die Sch<strong>ein</strong>kämpfe um die R<strong>ein</strong>heit des Forschungsbegriffs<br />
sind in diesem Zusammenhang unproduktiv: Auch in der Grundlagenforschung<br />
geht es nicht immer um die »große« Theorie. Oft steht auch sie in <strong>ein</strong>em Anwendungszusammenhang<br />
und beschäftigt sich daher <strong>–</strong> direkt oder vermittelt <strong>–</strong> mit<br />
der Frage, was man in dem erforschten Kontext machen, entwickeln, verbessern<br />
könnte, welche Konsequenzen also aus den Ergebnissen von Forschung zu ziehen<br />
wären. Innovative Praxis bzw. die dringend erforderliche Innovation pädagogischer<br />
Praxis wird ohne <strong>ein</strong>en kritischen Umgang mit dieser bzw. ohne <strong>ein</strong> »Neudenken«<br />
von Praktiken, Strukturen und Institutionen auf der Grundlage von Forschung und<br />
forschendem Erkennen kaum möglich s<strong>ein</strong>.<br />
Die qualitative empirische Sozialforschung <strong>–</strong> das vielfältige Methodeninstrumentarium<br />
ethnografisch orientierter Feldforschung und methodisch fundierter, rekonstruktiver<br />
Fallarbeit <strong>–</strong> stellt hier nicht nur <strong>ein</strong> vortreffliches und flexibles Methodeninstrumentarium<br />
zur Verfügung, sondern impliziert auch <strong>ein</strong>e spezifische<br />
Haltung dem zu erforschenden sozialen bzw. pädagogischen Feld gegenüber 1 : Der<br />
forschende Habitus als professionelle Schlüsselkompetenz bedeutet, sich offen und<br />
neugierig dem »Fremden« und auch dem fraglos Funktionierenden zu nähern, die<br />
Realität als perspektivische Konstruktion erfassen und Perspektivenwechsel vornehmen<br />
zu können, den forschenden Blick von theoretischem Wissen inspirieren zu<br />
lassen, das Erfahrene mit bereits gemachten Erfahrungen zugleich systematisch wie<br />
auch kreativ zu vergleichen, sich in <strong>ein</strong> kritisches und reflexives Verhältnis zu sich<br />
selbst und der sozialen Situation setzen zu können und damit Prozesse des Verstehens<br />
und Erklärens zu vollziehen, die sich von denjenigen des Alltagshandelns und -<br />
denkens unterscheiden (vgl. Nentwig-Gesemann, 2006).<br />
1 Dass die Methoden der quantitativen Sozialforschung in diesem Beitrag unberücksichtigt bleiben, heißt<br />
k<strong>ein</strong>esfalls, dass sie nicht ebenso in Prozesse des forschenden Lernens <strong>ein</strong>bezogen werden können und<br />
sollten! Der Fokus dieses Artikels liegt allerdings auf dem Potenzial der qualitativen Forschungsmethoden<br />
<strong>für</strong> die Herausbildung <strong>ein</strong>es forschenden Habitus von Pädagoginnen.