Frühpädagogik Studieren – ein Orientierungsrahmen für Hochschulen
Frühpädagogik Studieren – ein Orientierungsrahmen für Hochschulen
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Fall aus mehreren verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und interpretiert werden<br />
kann. »Die hier herausgearbeiteten Dimensionen der Erkenntnisgewinnung, Herstellung<br />
methodisch kontrollierten Fremdverstehens und die Perspektivierung und Pluralisierung<br />
des Blicks sind die in der professionstheoretischen Forschung herausgearbeiteten<br />
Schlüsselqualifikationen von Lehrerinnen und Lehrern« (Dirks & F<strong>ein</strong>dt,<br />
2002, S. 41).<br />
Allgem<strong>ein</strong> geht es im Rahmen <strong>ein</strong>er wissenschaftlichen und anwendungsorientierten<br />
Ausbildung darum, die <strong>Studieren</strong>den in Prozesse der kritischen Reflexion beobachteter<br />
und dokumentierter pädagogischer Praxis <strong>ein</strong>zuüben sowie auch in Prozesse<br />
der Selbstreflexion, die Grundlage <strong>für</strong> kompetentes, professionelles Handeln sind.<br />
In diesem Sinne müssen Seminare also zunächst Reflexionsräume schaffen. Darüber<br />
hinaus besteht durch die Integration von sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden<br />
auch die Möglichkeit, im Rahmen dieser Seminare grundlegende Forschungsfragen<br />
zu entwickeln und diesen, z. B. in Abschlussarbeiten, in methodisch<br />
fundierter Weise nachzugehen.<br />
Lehrforschungsprojekte mit Forschungswerkstattcharakter<br />
Als Ausbildungssetting <strong>–</strong> sowohl im pädagogischen Kontext als auch in der Methodenausbildung<br />
<strong>–</strong> hat sich insbesondere die Forschungswerkstatt (vgl. Riemann,<br />
2003b) bzw. die Interpretationswerkstatt (vgl. Interpretationswerkstatt PH Freiburg<br />
2004) bewährt: Hier werden Lernprozesse unter »Ernsthaftigkeitsbedingungen<br />
der Durchführung eigener Fallstudien und Forschungsprojekte« ermöglicht. Der<br />
Vorteil <strong>ein</strong>es explizit forschenden Zugangs zum Feld gegenüber den praktikumsbegleitenden<br />
Seminaren ist, dass die <strong>Studieren</strong>den hier vom Handlungsdruck befreit<br />
sind, der zwangsläufig mit <strong>ein</strong>em Praktikum verbunden ist, und sich damit ganz auf<br />
die forschende Haltung konzentrieren können. Die Lehrenden bringen in diese Forschungswerkstätten<br />
ihr methodisches, durch Erfahrungen fundiertes Wissen <strong>ein</strong>,<br />
demonstrieren ggf. exemplarisch Interpretationsschritte und strukturieren den<br />
Analyseprozess. In Bezug auf die Interpretation des empirischen Materials haben sie<br />
allerdings k<strong>ein</strong>erlei »Deutungsprivileg«, sondern arbeiten in diesem Seminarformat<br />
gem<strong>ein</strong>sam mit den <strong>Studieren</strong>den an der Entwicklung von Forschungsfragen, der<br />
Konzeptentwicklung, der Erhebung und Interpretation von empirischem Material.<br />
Damit übernehmen die <strong>Studieren</strong>den gleichermaßen wie die Lehrenden Verantwortung<br />
<strong>für</strong> den Verlauf der Forschungswerkstatt mit ihrem grundlegend kooperativen<br />
und egalitären Arbeitsstil. 8 Die Forschungs- oder Interpretationswerkstatt ermöglicht<br />
also Lernprozesse auf verschiedenen Ebenen: Zum <strong>ein</strong>en findet <strong>ein</strong>e Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />
mit den jeweiligen Forschungsgegenständen, den Forschungsfragen<br />
statt, zum anderen werden die Methodenkenntnisse und -kompetenzen erweitert.<br />
Drittens kann die Diskussionskultur in der Gruppe die Ausprägung <strong>ein</strong>er professionellen<br />
Haltung gegenüber anderen Perspektiven und Orientierungen unterstützen.<br />
Die <strong>Studieren</strong>den erfahren, dass und inwiefern Interpretationen standortverbunden<br />
sind, und entwickeln <strong>ein</strong>e grundlegende Offenheit gegenüber anderen Deutungen.<br />
Hier wird das Gruppensetting zum »Übungsfeld <strong>für</strong> kollegiales Zusammenwirken<br />
8 Von manchen Autoren wird die Interpretationswerkstatt sogar als »radikaldemokratisches Setting«<br />
bezeichnet (Michalek & Spitz, 2004, S. 9).<br />
47<br />
Sowohl die kritische<br />
Reflexion der pädagogischen<br />
Praxis als auch<br />
Selbstreflexion sind die<br />
Basis <strong>für</strong> kompetentes,<br />
professionelles Handeln.<br />
Die Forschungswerkstatt<br />
ist <strong>ein</strong> optimaler Ort <strong>für</strong><br />
die Methodenausbildung.<br />
In der Forschungswerkstatt<br />
arbeiten Lehrende<br />
und <strong>Studieren</strong>de kooperativ<br />
und egalitär<br />
zusammen.