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Soziale Hemmung und Sprechangst bei Kindern unter dem Aspekt ...

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Mehrsprachigkeit<br />

verfügen, die ihre monolingualen „peers“ nicht besitzen. So lernt ein<br />

zweisprachiges Kind sehr schnell, dass es <strong>unter</strong>schiedliche Sprachen <strong>und</strong><br />

<strong>unter</strong>schiedliche Wortbedeutungen in verschiedenen Kontexten gibt. Und da<br />

es in seinem natürlichen Umfeld immer wieder auf Personen trifft, die nur eine<br />

Sprache beherrschen, lernt es schnell zu differenzieren, wann es welche<br />

Sprache wie verwenden kann. Da<strong>bei</strong> helfen ihm Strategien in Situationen, in<br />

denen es zu sprachlichen Missverständnissen kommt.<br />

Das konkrete Nachdenken über Sprache, die metasprachliche Kompetenz,<br />

wird für die meisten monolingualen Kinder erst mit <strong>dem</strong> Eintritt in die Schule<br />

relevant. Bilinguale Kinder dagegen lernen oftmals früher die Abstraktion der<br />

Sprache <strong>und</strong> ihrer Bausteine. Sie verfügen über kommunikative<br />

Kompetenzen, die einsprachigen <strong>Kindern</strong> länger verwehrt bleiben (vgl.<br />

Gogolin, 1999, S. 42). Diese metasprachliche Kompetenz ist auch für den<br />

Schriftspracherwerb förderlich: Das Operieren mit Begriffen, Wörtern,<br />

Symbolen, etc. rückt <strong>bei</strong>m Schriftspracherwerb in den Vordergr<strong>und</strong>. 23 Somit<br />

ist anzunehmen, dass mehrsprachige Kinder einen leichteren Zugang zu<br />

diesem neuen „Element“ haben als gleichaltrige Monolinguale.<br />

Auch aus sprachheiltherapeutischer Sicht stellen Kracht & Welling (1995) die<br />

Forderung, die Zweisprachigkeit von <strong>Kindern</strong> nicht allein auf linguistische<br />

<strong>Aspekt</strong>e zu reduzieren. Vielmehr sollten das Verhältnis der Sprachen<br />

zueinander <strong>und</strong> ihr kulturell bedeutsamer Gebrauchswert beachtet werden.<br />

Sie kritisieren, ebenso wie Grosjean (1996) <strong>und</strong> Gogolin (1988), dass eine<br />

„lebensweltliche (d. h. im Alltag der Menschen) verankerte Zweisprachigkeit“<br />

(Kracht & Welling, 1995, S. 83) in unserer Gesellschaft keine hinreichende<br />

Bedeutung besitzt. Das heißt, dass nicht allein die Qualität des<br />

Sprachgebrauchs zu beurteilen ist, sondern auch der Lebenskontext, in <strong>dem</strong><br />

sie gebraucht werden. Sie fordern eine Einbeziehung des lebensweltlichen<br />

Bezuges in die sprachheiltherapeutische Praxis. Es rückt die Frage nach <strong>dem</strong><br />

Wert der einen oder anderen Sprache im Alltag bilingualer Personen in den<br />

Vordergr<strong>und</strong>. Die kommunikative Komponente spielt folglich eine wichtigere<br />

Rolle als die rein linguistische (vgl. auch Grosjean, 1996).<br />

Der Begriff der „doppelten Halbsprachigkeit“ hat in den letzten Jahren Einzug<br />

in die sprachheiltherapeutische Praxis gehalten (vgl. Kracht & Welling, 1995,<br />

S. 80). Damit ist gemeint, dass keine der Sprachen hinreichend beherrscht<br />

wird <strong>und</strong> es <strong>unter</strong> anderem zu Artikulationsstörungen, Redeflussstörungen<br />

23 Eine intensive Auseinandersetzung mit <strong>dem</strong> Schriftspracherwerb <strong>und</strong> der metasprachlichen<br />

Kompetenz findet sich <strong>bei</strong> Osburg, 1997, 4. Kap., S. 67-86.<br />

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