Klassische Mechanik
Klassische Mechanik
Klassische Mechanik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
13.5 Was bedeutet das anschaulich?<br />
Wir haben gesehen, dass Tori mit rationalen Frequenzverhältnissen, also mit geschlossenen, periodischen<br />
Bahnen, durch eine Störung kaputt gemacht werden. Dies können wir uns anschaulich plausibel machen:<br />
Eine geschlossene Bahn kommt immer wieder an genau derselben Stelle im Phasenraum vorbei. Dort<br />
spürt sie die Störung H1 immer auf die gleiche Weise. Also kann H1 bei jedem Umlauf die Bahn ein<br />
Stück weiter in derselben Richtung ablenken. Im Laufe der Zeit addieren sich diese kleinen Änderungen<br />
zu einer großen Änderung der Bahn auf. Bei einer quasiperiodischen Bahn ist dies anders, da die Bahn ja<br />
nicht immer wieder dieselben Punkte im Phasenraum durchläuft. Wenn die quasiperiodische Bahn jedoch<br />
nah an einer periodischen ist, kommt sie mehrfach nahe an demselben Punkt vorbei, bevor sie in andere<br />
Bereiche des Phasenraums geht. Je kürzer die Periode der Bahn (also je kleiner s in (13.8)) ist und je<br />
stärker die Störung (also je größer ǫ) ist, desto eher schafft die Störung es, auch eine quasiperiodische<br />
Bahn stark zu ändern. Dies ist das anschauliche Ergebnis des KAM-Theorems.<br />
Wir können dies auch auf unser Sonnensystem anwenden: Wir betrachten die Störung der Bahn eines<br />
Objekts A (z.B. ein Asteroid) durch einen Planeten B (z.B. Jupiter). Um die Störung zeitunabhängig zu<br />
machen, setzen wir uns in ein Bezugssystem, das mit Jupiter wandert. Aus Sicht dieses Bezugssystem<br />
ist der Planet auf einer quasiperiodischen Bahn mit zwei Frequenzen, die sich aus dem Umlaufzeiten von<br />
A und B ergeben. Wenn die Umlaufzeiten der beiden Himmelskörper um die Sonne in einem rationalen<br />
Verhältnis zueinander stehen, sagen wir 3:1, dann sieht der Asteroid bei jedem dritten Umlauf den<br />
Jupiter wieder an derselben Stelle und wird durch ihn in derselben Richtung abgelenkt. Diese kleinen<br />
Störungen, die immer in derselben Richtung wirken, können sich über Jahrmillionen soweit aufaddieren,<br />
dass der Asteroid aus seiner Bahn geworfen wird. Genau dies ist auch in der Vergangenheit passiert, und<br />
man findet im Asteroidengürtel die sogenannten “Kirkwood”-Lücken bei Umlaufzeiten, die in Resonanz<br />
mit der Umlaufzeit des Jupiter stehen, wie in diesem Bild gezeigt, das auf der Wikipedia-Seite zum<br />
Asteroidengürtel zu finden ist:<br />
Auch die Lücken in den Ringen des Saturn kann man so erklären. Dort wo die Lücken sind, steht<br />
die Umlaufdauer der Teilchen in einem rationalen Verhältnis (mit niedrigem s) zur Umlaufdauer eines<br />
Saturn-Mondes.<br />
119