Klassische Mechanik
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Also laufen gleich schwere Teilchen nach der elastischen Streuung unter einem Winkel von 90 o im Laborsystem<br />
auseinander (wenn der Stoß nicht so zentral ist, dass die erste Kugel nach dem Stoß liegenbleibt).<br />
Dieses Ergebnis ist jedem Billardspieler bekannt und setzt vier Bedingungen voraus: Der Stoß ist elastisch,<br />
beide Teilchen sind gleich schwer, die Masse m2 ruht vor dem Stoß und die Kräfte beim Stoß wirken in<br />
radialer Richtung.<br />
Nicht nur der Streuwinkel, auch die differenziellen Wirkungsquerschnitte sind in beiden Bezugssystemen<br />
verschieden. Im Laborsystem ist die Intensität der einfallenden Teilchen größer als im Schwerpunktsystem,<br />
weil ihre Geschwindigkeit größer ist. Wir bezeichnen diese Intensität mit IL. Der differenzielle<br />
Wirkungsquerschnitt im Laborsystem wird durch folgende Beziehung definiert:<br />
σL(θL)dΩL = σL(θL)2π sin θLdθL = Zahl der pro Sekunde in den Raumwinkel dΩL gestreuten Teilchen<br />
.<br />
Intensität IL der einfallenden Teilchen<br />
(8.8)<br />
Die Zahl der Teilchen, die pro Sekunde mit einem Stoßparameter im Intervall [s, s + ds] einlaufen, ist<br />
gleich der Zahl der Teilchen, die pro Sekunde in den Winkelbereich [θL, θL + dθL] gestreut werden:<br />
Daraus folgt<br />
σL(θL) = s<br />
sin θL<br />
<br />
<br />
<br />
ds <br />
<br />
dθL<br />
<br />
IL · 2πs|ds| = IL · σL(θL)2π sin θL|dθL| .<br />
= s<br />
sin θ<br />
<br />
<br />
<br />
ds <br />
<br />
dθ<br />
<br />
· sin θ<br />
sin θL<br />
<br />
<br />
<br />
dθ <br />
<br />
dθL<br />
<br />
= σ(θ) sin θ<br />
sin θL<br />
<br />
<br />
<br />
dθ <br />
<br />
dθL<br />
= σ(θ) <br />
d cos θ <br />
<br />
d<br />
cos θL<br />
.<br />
Wenn wir für cos θ die rechte Seite von (8.5) einsetzen, ergibt sich nach einer kurzen Rechnung<br />
⎡<br />
⎢<br />
σL(θL) = σ(θ) ⎣2 m1<br />
2 m1<br />
1 + cos (2θL)<br />
m2<br />
cos θL + <br />
m2<br />
2<br />
m1<br />
1 − sin 2 ⎤<br />
⎥<br />
⎦ . (8.9)<br />
θL<br />
Für den Streuwinkel θ im Laborsystem in dieser Formel ist Gleichung (8.5) zu nehmen.<br />
Wir betrachten wieder den Spezialfall m1 = m2. Dann ist wegen (8.7) θL = θ/2 und folglich<br />
<br />
<br />
1 + cos(2θL)<br />
σL(θL) = σ(θ) · 2 cos θL + = 4σ(2θL) cos θL . (8.10)<br />
cos θL<br />
Aufgaben<br />
1. Berechnen Sie den differenziellen Wirkungsquerschnitt σ(θ) im Zentralkraftfeld V (r) = β/r 2 mit<br />
β > 0.<br />
(a) Stellen Sie eine Beziehung für den Streuwinkel in Abhängigkeit vom Stoßparameter, also für<br />
θ(s), in Form eines Integrals auf.<br />
(b) Welche Beziehung besteht zwischen dem minimalen Abstand rmin und dem Stoßparameter s?<br />
(c) Lösen Sie das unter a) erhaltene Integral für θ(s). (Hinweis: Für das Kepler-Potenzial haben<br />
wir in Kap. 7 bereits ein ähnliches Integral gelöst.)<br />
(d) Stellen Sie nun den differentiellen Wirkungsquerschnitt σ(θ) auf.<br />
2. Betrachten Sie zwei identische Kugeln der Masse m1 und des Radius R1. Die eine Kugel sei am<br />
Anfang ruhend, und die andere wird an ihr elastisch gestreut. Berechnen Sie den differenziellen und<br />
den totalen Wirkungsquerschnitt im Laborsystem.<br />
72<br />
m2