Klassische Mechanik
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Kapitel 5<br />
Lagrange-Gleichungen erster Art<br />
5.1 Vorbemerkungen<br />
Die Lagrange-Gleichungen erster Art (Lagrange-I) sind den Lagrange-Gleichungen zweiter Art (Lagrange-<br />
II) recht ähnlich. Sie unterscheiden sich in drei Aspekten:<br />
1. In Lagrange-II wird die Lagrange-Funktion nur durch die 3N − k unabhängigen verallgemeinerten<br />
Koordinaten und die zugehörigen Geschwindigkeiten ausgedrückt. In Lagrange-I wird die Lagrange-<br />
Funktion durch alle 3N verallgemeinerten Koordinaten ausgedrückt. Man darf im Lagrange-I-<br />
Formalismus also keine Koordinaten mit Hilfe der Zwangsbedingungen eliminieren, wenn man die<br />
Lagrange-Funktion L = T − V aufstellt.<br />
2. Die Lagrange-I-Gleichungen sind den Lagrange-II-Gleichungen sehr ähnlich (s.u.), aber sie enthalten<br />
jeweils einen zusätzlichen Summanden, der von den Zwangskräften herrührt.<br />
3. Die Lagrange-I-Gleichungen gelten auch für nicht holonome Zwangsbedingungen, wenn diese sich<br />
in differenzieller Form schreiben lassen, während die Lagrange-II-Gleichungen nur für holonome<br />
Zwangsbedingungen gelten.<br />
Da in den Lagrange-I-Gleichungen die Zwangskräfte explizit drinstehen, ist es praktisch, sie zu verwenden,<br />
wenn man Zwangskräfte berechnen muss. Das Berechnen von Zwangskräften wird z.B. bei Gleitreibung<br />
nötig (weil F (R) = −f| Z|ˆv ist, siehe Abschnitt 3.4.1), bei der Berechnung der realen Zwangsarbeit<br />
bei rheonomen Zwangsbedingungen, oder auch bei der Dimensionierung von technischen Anlagen, z.B.<br />
Achterbahnen.<br />
Allerdings kann man bei holonomen Zwangsbedingungen die Zwangskräfte auch aus dem Lagrange-II-<br />
Formalismus herleiten. Wir demonstrieren dies im Folgenden, bevor wir dann den Lagrange-I-Formalismus<br />
vorstellen.<br />
Die Berechnung der Zwangskräfte über den Lagrange-II-Formalismus geht über die Beziehung (2.11),<br />
also<br />
Zi = mi ¨ ri − Fi .<br />
Wenn man die Lösung ri(t) bestimmt hat, hat man auch ¨ ri und damit Zi.<br />
Um diese Beziehung auf verallgemeinerte Koordinaten qj umzuschreiben (mit j = 1, . . . , 3N), definieren<br />
wir analog zu den verallgemeinerten Kräften Qj (siehe (3.2)) nun verallgemeinerte Zwangskräfte Zj<br />
als<br />
Zj<br />
≡<br />
(3.6)<br />
=<br />
N<br />
i=1<br />
d ∂T<br />
dt ∂ ˙qj<br />
Zi · ∂ri<br />
∂qj<br />
=<br />
N<br />
i=1<br />
mi ¨ ∂ri<br />
ri −<br />
∂qj<br />
N<br />
i=1<br />
Fi · ∂ri<br />
, j = 1, . . . , 3N<br />
∂qj<br />
− ∂T<br />
− Qj . (5.1)<br />
∂qj<br />
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