Klassische Mechanik
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Kapitel 6<br />
Hamiltonsches Prinzip<br />
Das von W. R. Hamilton (1805 - 1864) im Alter von 18 Jahren entdeckte Hamiltonsche Prinzip ist gleichwertig<br />
mit den Lagrange-Formalismen. Letztere können sehr effizient aus dem Hamiltonschen Prinzip<br />
abgeleitet werden. Das Hamiltonsche Prinzip ist ein Extremalprinzip. Wir werden also eine Größe definieren,<br />
die durch die klassischen Bahnen minimiert oder maximiert wird oder dort einen Sattelpunkt<br />
hat. Diese Größe ist die sogenannte “Wirkung”. Solche Extremalprinzipien stecken nicht nur hinter den<br />
Bewegungsgleichungen der klassischen <strong>Mechanik</strong>, sondern treten auch in anderen Gebieten der Physik<br />
auf. Ein Beispiel hierfür ist das Prinzip der Strahlenoptik, dass die Lichtstrahlen den zeitlich kürzesten<br />
Weg nehmen.<br />
6.1 Variationsrechnung (ohne Nebenbedingungen)<br />
Bevor wir das Hamiltonsche Prinzip behandeln, befassen wir uns zunächst allgemein mit der Variationsrechnung.<br />
Bei der Variationsrechnung geht es darum, eine Funktion zu finden, die eine bestimmte Größe<br />
maximiert oder minimiert. Wir formulieren diese Aufgabe folgendermaßen:<br />
Gegeben sei eine Funktion F = F (y(x), y ′ (x), x) mit stetig differenzierbarem y(x) und mit y ′ (x) ≡<br />
dy/dx. Gegeben seien außerdem zwei Punkte P1 und P2 mit den Koordinaten (x1, y1) und (x2, y2). Für<br />
welche Kurve y(x) zwischen P1 und P2 wird das Integral<br />
x2<br />
I ≡ F (y(x), y ′ (x), x) dx (6.1)<br />
extremal?<br />
x1<br />
Zur Lösung dieser Aufgabe betrachten wir alle Kurven in der Umgebung der gesuchten Lösung: Sei<br />
y(x) die gesuchte Kurve und η(x) eine beliebige Funktion mit η(x1) = η(x2) = 0. Dann heißt<br />
die variierte Kurve. ε ist ein kleiner Parameter, und<br />
heißt Variation der Kurve y(x). Es gilt<br />
d.h. Variation und Differentiation sind vertauschbar.<br />
ˆy(x) = y(x) + εη(x) (6.2)<br />
δy(x) ≡ εη(x) (6.3)<br />
d<br />
dx δy(x) = εη′ (x) ≡ δy ′ (x) = δ d<br />
y(x) , (6.4)<br />
dx<br />
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