Klassische Mechanik
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11.4.1 Trajektorien im Phasenraum<br />
Da die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen von erster Ordnung in der Zeitableitung sind, ist eine Trajektorie<br />
(q(t),p(t)) im Phasenraum durch einen zu einer Zeit t0 festgelegten Punkt (q(0),p(0)) eindeutig<br />
bestimmt. Dies gilt nicht nur vorwärts in der Zeit, sondern auch rückwärts in der Zeit. Wir können jedem<br />
Punkt im Phasenraum einen Pfeil zuordnen, dessen Richtung die Richtung und Länge die “Geschwindigkeit”<br />
(˙q1,..., ˙qn, ˙p1,..., ˙pn) in diesem Punkt angeben. Die Geschwindigkeit lässt sich mit Hilfe der<br />
Hamiltonschen Gleichungen berechnen.<br />
Aus diesen Überlegungen folgt die in der Praxis sehr hilfreiche Regel, dass sich Trajektorien im<br />
Phasenraum nicht schneiden dürfen. Denn wenn sie sich schneiden würden, gäbe es Punkte, in denen die<br />
Richtung des Geschwindigkeitsvektors nicht eindeutig wäre. Die Zeitentwicklung Hamiltonscher Systeme<br />
ist aber deterministisch. Die einzig möglichen Punkte, in denen mehrere Trajektorien zusammenkommen<br />
können, sind instabile Gleichgewichtspunkte, in denen die Geschwindigkeit Null ist, man betrachte hierzu<br />
das Phasenraumportrait des Pendels (siehe vorige Seite). Der instabile Gleichgewichtspunkt bei (φ =<br />
(2n + 1)π,Lz = 0) entspricht dem senkrecht nach oben stehenden Pendel. Man nennt einen solchen<br />
Punkt, in den sowohl Trajektorien hinein- als auch hinauslaufen und in dessen Umgebung deshalb die<br />
Trajektorien Hyperbelform haben, einen hyperbolischen Fixpunkt. Den stabilen Gleichgewichtspunkt bei<br />
(φ = 2nπ,Lz = 0) nennt man übrigens einen elliptischen Fixpunkt.<br />
11.4.2 Die Liouville-Gleichung<br />
Es ist oft zweckmäßig, nicht nur eine, sondern viele Trajektorien im Phasenraum gleichzeitig zu betrachten.<br />
Dies macht man z.B. bei Teilchenbeschleunigern und in der statistischen <strong>Mechanik</strong>. Das Vorgehen<br />
in der statistischen <strong>Mechanik</strong> wird im Folgenden näher erläutert:<br />
In der statistischen <strong>Mechanik</strong> betrachtet man z.B. ein “Gas” aus N Teilchen, das in eine Kammer<br />
eingesperrt ist, mit den n = 3N Ortskoordinaten qi und den entsprechenden Impulskoordinaten pi.<br />
Die Dynamik des gesamten Teilchengases lässt sich also durch die Trajektorie eines Punktes im 6Ndimensionalen<br />
Phasenraum darstellen. Wir schreiben<br />
Die Bewegungsgleichungen (11.1) lassen sich also zusammenfassen als<br />
x = (q1,...,qn,p1,...,pn). (11.9)<br />
˙x = f(x) (11.10)<br />
mit der durch die rechten Seiten der beiden Gleichungen (11.1) gegebenen Funktion f.<br />
Um die Brücke zwischen der klassischen <strong>Mechanik</strong> und der statistischen <strong>Mechanik</strong> zu bauen, betrachtet<br />
man nun nicht ein einzelnes System, sondern ein ganzes Ensemble von solchen Systemen. Da man<br />
die Anfangsbedingung sowieso nicht mit beliebiger Genauigkeit angeben kann, betrachtet man das Ensemble<br />
von Systemen, deren Anfangszustand im Rahmen einer gewählten Genauigkeit übereinstimmt.<br />
Im Phasenraum füllen all diese Anfangszustände des Ensembles ein kleines endliches Volumen aus. Wir<br />
wählen das Ensemble so, dass die Dichte der Systeme in diesem kleinen Volumen einen konstanten Wert<br />
̺0 hat und außerhalb verschwindet. Nun betrachtet man die zeitliche Entwicklung all dieser Systeme<br />
gleichzeitig im Phasenraum. Jeder Punkt des anfänglich gewählten Volumenelements bewegt sich gemäß<br />
Gleichung (11.10). Das Volumenelement bewegt sich also und deformiert sich dabei. Wir zeigen zunächst,<br />
dass sich das Gesamtvolumen dabei nicht ändert. Hierzu machen wir den Ansatz V = l1l2...l2n (mit<br />
infinitesimalen li), wir gehen also davon aus, dass das Volumenelement ein 2n-dimensionaler “Quader”<br />
ist, dessen Kanten sich in jeder der 2n Dimensionen von x (i)<br />
a bis x (i)<br />
e erstrecken. Durch Taylorentwicklung<br />
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