Klassische Mechanik
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Kapitel 4<br />
Symmetrien und Erhaltungssätze;<br />
Noether-Theorem<br />
4.1 Forminvarianz der Lagrange-Gleichungen<br />
Die Lagrange-Gleichungen haben den großen Vorteil, dass sie für holonome Zwangsbedingungen wie geschaffen<br />
sind, und dass ihre Form immer dieselbe ist, egal welche Koordinaten und Bezugssysteme man<br />
verwendet. Dies ist bei den Newtonschen Gleichungen nicht so. Für die Bewegung in einem Zentralpotenzial<br />
lauten die Gleichungen in Polarkoordinaten nämlich nicht m¨r = −∂V/∂r und mr 2 ¨ϕ = −∂V/∂ϕ = 0,<br />
wie man bei Forminvarianz erwarten würde, sondern<br />
m(¨r − r ˙ϕ 2 ) = −∂V/∂r und mr(r ¨ϕ + 2 ˙r ˙ϕ) = 0 .<br />
(Herleitung geht am schnellsten über Lagrange, mit T = m( ˙r 2 + r 2 ˙ϕ 2 )/2 und V = V (r).) Auch beim<br />
d’Alembert-Prinzip müssen Beschleunigungen und Verrückungen umständlich auf die generalisierten Variablen<br />
umgerechnet werden.<br />
Wir zeigen jetzt explizit, dass die Lagrange-Gleichungen unter Punkttransformationen invariant sind,<br />
also dass sie in allen Koordinaten- und Bezugssystemen die gleiche Form haben: Wir betrachten die<br />
“alten” Koordinaten {qi}, für die die Lagrange-Gleichungen gelten sollen, und wir wechseln zu neuen<br />
Koordinaten {Qj}, die mit den alten Koordinaten über die Beziehungen qi = qi(Q, t) zusammenhängen.<br />
Wir verwenden im folgenden öfter die vereinfachte Schreibweise q bzw. Q für {qi} bzw. {Qj}. Es gilt<br />
˙qi =<br />
3N−k <br />
j=1<br />
∂qi<br />
∂Qj<br />
Daraus folgt die für das Folgende wichtige Beziehung<br />
∂ ˙qi<br />
∂ ˙ Qj<br />
˙Qj + ∂qi<br />
∂t .<br />
= ∂qi<br />
. (4.1)<br />
∂Qj<br />
Die Lagrange-Funktion in den neuen Koordinaten nennen wir L ′ (Q, ˙ Q, t), und sie hängt mit der “alten”<br />
Lagrange-Funktion zusammen über<br />
L ′ (Q, ˙ <br />
Q, t) = L q(Q, t), ˙q(Q, ˙ <br />
Q, t), t . (4.2)<br />
Wir müssen jetzt noch zeigen, dass auch mit der neuen Lagrange-Funktion und den neuen Koordinaten<br />
die Lagrange-Gleichungen gelten. Dazu berechnen wir<br />
∂L ′ 3N−k <br />
<br />
∂L ∂qi<br />
=<br />
+<br />
∂Qj ∂qi ∂Qj<br />
∂L<br />
<br />
∂ ˙qi<br />
∂ ˙qi ∂Qj<br />
i=1<br />
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