(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

Du kannst nichts enderledigen. Das ist unser normaler Arbeitsvorgang. Aber dieses
definitiv keine Arbeiten abschließen können oder niemanden definitiv befriedigen
zu können, ist halt kein gutes Gefühl. Weil du genau weißt, okay, ich leite
das jetzt als Geschäftsfall weiter, aber du weißt definitiv, dass derjenige in drei
Monaten noch immer keine Lösung für sein Problem hat. Für uns ist es so. […]
Aber wenn du weißt, da sind irgendwelche Problematiken und du weißt, dass
eigentlich kein Mensch weiß, warum das nicht funktioniert oder warum das so ist,
da musst du den im Prinzip hinhalten. Du musst auf schön tun und das ist wirklich
ein ungutes Gefühl. Und für mich ist es das Manko an Wissen, das mich belastet.
Ich täte gern dort sitzen und wirklich wissen, von was ich rede und das
kannst du aber nicht. Und das wird immer nur mit dem… [schlüpft in die Rolle
eines Kollegen]: »Das musst du dir abgewöhnen, weil, ja, wir haben ja immer
neue Sachen.« Da sag ich: »Es geht nicht um neue Aktionen.« Weil wenn ich
einen Aktionsplan anschaue, das ist kein Problem für mich. Es geht ja schon um
die grundlegenden Sachen, dass du keine Schulung kriegst, die lange genug dauert.
Du wirst ganz einfach hingesetzt. Du kriegst eine Schulung für ein Programm,
so funktioniert das Programm, aber die Problematik, mit der der Kunde
kommt, hörst du ja gar nicht. […] Also, du kämpfst einmal ein Monat nur mit
dem, dass du sagst, die Fragestellung der Leute, wie klaube ich die auseinander,
für das, was ich brauche und das ist schon, das ist absolut… Vor allem jetzt wieder.
Natürlich… zur Zeit…, weil das mit den Kündigungen im Raum schwebt
und du wieder das Gefühl hast, na ja, super, bin ich jetzt gut genug? Es gibt bei
uns Leute, die sind abfragegierig. Der schaut nach einer Dreiviertelstunde auf die
Uhr, wie viel er hat. Haben müssen wir 10 in der Stunde, das ist eine Vorgabe.
Aber für jemanden, so wie ich, der neu dort sitzt, ist das nicht zu erreichen. Wenn
ich leichte Abfragen habe, dann schaffe ich das auch und dann sitze ich da und
sonst sage ich: »Na super, ich habe nicht einmal mein Pensum erreicht!« Der
Teamleiter sagt: »Du weißt eh, die Vorgabe ist 10. Aber du bist neu und da wird
keiner darauf schauen.« Im anderen Team hört man, dass nur auf die Neuen
geschaut wird. Es heißt auch, es wird nur auf das Team geschaut, also das heißt,
nur die Teamabfrage zählt. Aber wenn es im Team drei Monate nicht hinhaut und
die nicht auf ihren Schnitt kommen, dann muss man schon herausfiltern, wer das
ist, der da permanent weniger tut. Aber was ich wieder gehört habe, ist, dass die
neuen Leute jeden Tag angeschaut werden, denn es sollte eine permanente Steigerung
der Abfrage sein. Bis zu drei Monaten bist du sozusagen im Probestand.
Dazwischen war das so, dass ich gesagt habe, das interessiert mich nicht, ich will
das nicht mehr, weil so inkompetent zu sein an so einer Front? Aber es ist keiner
kompetenter und das ist das. Wenn ich die alten Kolleginnen anschaue, die sind
schon vier Jahre an der line, die wissen auch nicht mehr wie du. Er weiß halt vielleicht
ein bisschen besser, wo er hineinschaut, damit er etwas findet.
– Welche Konsequenzen hätte es für dich, wenn sich Kunden beschweren?
Ingrid – Früher hat es ein Beschwerdebuch gegeben. Aber da war Anonymität,
weil du hast einen Platz gehabt mit einer Nummer. Natürlich war das auch nach-
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