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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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kleinen Firmen erklären die dir nicht gescheit, wie die Maschinen funktionieren.<br />

In einer großen Firma beispielsweise, da hast du einen Monat lang Einschulung.<br />

Da hast du einen Monat lang immer jemanden dabei, sobald du einen Knopf<br />

drückst. Und da war es dann halt auch so, dass er gesagt hat: »Wie ist das, du hast<br />

13 Kästen geschweißt und geschliffen in einer Schicht und der andere 15. Woran<br />

liegt’s?« Vielleicht hat er einen besseren Tag gehabt, ich weiß es nicht, oder vielleicht<br />

habe ich einen Patzer reingemacht und habe länger schleifen müssen. Und<br />

das hat dann eh nicht lang gehalten, ein halbes Jahr.<br />

– Du hast gekündigt?<br />

Franz H. – Ich habe mich wie immer rauswerfen lassen. Ich habe mich krank<br />

gemeldet. Und weil’s eine kleine Firma war, wie ich zurückgekommen bin aus<br />

dem Krankenstand, habe ich Strafarbeit bekommen. Zweimal hingegriffen: »Au,<br />

ich kann nicht, ich geh zum Arzt.« Ich meine, noch offensichtlicher kann man’s<br />

nicht machen.<br />

– Und was waren genau die Beweggründe, dass du da nicht bleiben wolltest?<br />

Franz H. – Erstens, wegen dem Geld hat’s angefangen. Ich hatte schon 130<br />

Schilling [ca. 9 €] bekommen. Aber er hat 90 Schilling [ca. 6,5 €] gezahlt. Wie<br />

ich nach einer Lohnerhöhung gefragt habe, habe ich die Antwort gekriegt, für 90<br />

Schilling kriegt er zwei Jugos 69 , schwarz, und die arbeiten weit mehr wie ich. Eh,<br />

weil sie zu zweit sind. Ja, was soll ich darauf als Argument sagen? Ja, und dann<br />

eben, einmal krank gewesen, wirklich krank gewesen und volle Strafarbeiten<br />

gekriegt, den <strong>ganz</strong>en Tag mit der großen Flex schleifen, und mir hat’s gereicht.<br />

<strong>Das</strong> hat dann so anderthalb Monate gedauert, dann haben sie mich rausgeworfen.<br />

[Pause] Ja, so genau weiß ich die Firmen nicht, in denen ich war, es hat auch<br />

Firmen gegeben, wo ich nur einen Tag war, weil ich gesagt habe, das taugt mir<br />

nicht. Dann war ich wieder in einer größeren Firma. <strong>Das</strong> war ein relativ altes<br />

Werk. Da lief alles mit großen Motoren und Kettenantrieb. Kreuz und quer über<br />

Umlenkgetriebe werden sämtliche Maschinen angetrieben. Und als Werkzeugmacher<br />

habe ich zwar eine gewisse Fachkenntnis, aber Ketten warten, das ist wieder<br />

was anderes. Ja, und da habe ich mich eigentlich mit dem Meister nicht verstanden.<br />

Mit gewissen Sachen hat er eben eine Freude gehabt, weil ich’s eben<br />

recht schnell gekonnt habe. Bei anderen Sachen hat er sich wieder voll aufgeregt,<br />

weil er wollte, dass ich betoniere, und ich habe gesagt: »Ja, und wie? Was soll ich<br />

da machen, was soll ich da nehmen, weil ich kann nicht einmal Beton abmischen,<br />

weil das lernt man als Werkzeugmacher nicht.« Dort habe ich dann ein paar<br />

Reststücke gefunden, Silberstahl, und ich habe sie genommen und einbetoniert.<br />

Und er hat fast einen Herzinfarkt gekriegt, weil Silberstahl, das ist sehr teuer. In<br />

einer großen Firma macht das eigentlich nichts, die sagen dann: »Nächstes Mal<br />

nimmst du halt einen billigen Baustahl«, aber es macht eigentlich nicht viel. Und<br />

hier hat es ein Riesentrara geben. Ich habe halt nicht gewusst, dass der wegen<br />

2000 Schilling [ca. 145 €] einen Riesenradau macht. In einer großen Firma geht<br />

es ja um Millionenbeträge, was die Umsätze machen. Und dann habe ich mit dem<br />

Chef geredet, der hat gesagt, mehr Lohn gibt’s nicht, aber bleiben kann ich. Und<br />

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