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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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geschlafen bis am Vormittag und so weiter. Ja, und dann auf einmal… das hat sich<br />

dann alles so zu ändern angefangen. Auf einmal dann dort ein Ausländer ein<br />

Lokal gekauft und dann ist es immer enger geworden das Ganze, nicht. Dann<br />

haben die Geschäftsleute, die haben dann aufgehört, weil einfach nimmer so viel<br />

gegangen ist. Es war eine Wende, eigentlich eine Wende da, ja.<br />

Auf einmal sind die Österreicher weg<br />

– Wann war das?<br />

Irmgard K. – Ja, ungefähr, ich war 13 Jahre schon da und dann auf einmal war<br />

da eine Wende, nicht. Auf einmal sind die Österreicher weg, die Geschäfte, die<br />

haben aufgehört, weil es eben zu wenig war oder was, ich weiß es nicht so genau,<br />

und auf einmal waren die ausländischen Lokale da, nicht. Ein ausländisches<br />

Lokal nach dem anderen und unsere Leute sind weg.<br />

– Wie war das vorher mit den Prostituierten, haben die das Geschäft nicht<br />

gestört? War da tagsüber genug los in der Griesgasse?<br />

Irmgard K. – War auch was los, es war viel los, es war sehr viel los. Ich muss<br />

Ihnen ehrlich sagen, es waren da nette Männer bei mir auch, die da eben die<br />

Gasse durchgegangen sind, die geschaut haben, ob sie am Tag schon eine [meint<br />

eine Prostituierte] sehen. Ich hab auch da ein Geschäft gemacht, ich hab sehr viel<br />

Geschäft gemacht. Die Damen sind gekommen und haben mir einen Kaffee abgekauft,<br />

die haben mir Brötchen abgekauft, die haben mir eine Mehlspeise abgekauft,<br />

es ist wirklich sehr gut gegangen. Ich hab gut gelebt da, einige Jahre, muss<br />

ich ehrlich sagen, gut gelebt. Nicht, die letzten Jahre waren dann schlecht.<br />

– Also, das mit der Wende würde mich interessieren. Wie war das mit den<br />

Prostituierten, wann hat das aufgehört und warum hat das aufgehört?<br />

Irmgard K. – Ich muss Ihnen eines sagen, also, meines Erachtens nach war das<br />

ein bisschen eine gesteuerte Politik. <strong>Das</strong> kommt von oben her, muss ich ehrlich<br />

sagen. Und zwar: Wir haben auch leider Gottes gehabt da einige alte Bewohner,<br />

die in diesen Häusern wohnen da in der Griesgasse. Die haben sich leider Gottes<br />

aufgeregt, wegen der Damen. [Sie wechselt in eine szenische Darstellung:] Die<br />

Autos sind stehen geblieben: »Was kostet es denn?«, weißt eh so, die Männer<br />

haben so rausgesprochen, »was kosten die?«, was weiß ich, die Prostituierte oder<br />

die Dame, hat er gesagt. Ich sag nicht Prostituierte, sie sind auch Menschen, ich<br />

sag immer »die Damen«. Ja, was weiß ich, 500 zum Beispiel. Ich mein, ich hab<br />

sie auch ab und zu gehört, nicht, weil meine Tür hab ich auch offen gehabt, die<br />

Geschäftstür, [betont] aber mich geht das nichts an, mich ist es auch nichts angegangen.<br />

Dann waren die Männer wieder halt…, weißt eh, manche waren auch<br />

keine Feinen, ah: »Was, so teuer?« Und dann hat sie halt die Autotür zugehaut<br />

und er ist halt mit vollem Gas weggefahren. Und das hat halt… der Lärm, der<br />

Gestank, das war halt auch… da haben sich halt die alten Damen und Leute da<br />

aufgeregt in der Gassen. Und was ich halt glaub, manche sind dann weggezogen,<br />

manche sind dann gestorben auch und dadurch hat sich das alles dann ein bisserl<br />

verändern angefangen. Dann die Geschäftsleute sind dann auch nach der Reihe<br />

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