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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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theoretisch gegangen wäre, nur die Bausubstanz dieses Hauses war so miserabel,<br />

dass ich weiterinvestieren hätte müssen. Und auf der anderen Seite ist hier in<br />

Graz das große Haus von meinen Eltern leergestanden und meine Mutter hat<br />

mich mindestens zweimal in der Woche entnervt angerufen, sie kann damit nichts<br />

anfangen. Und dann habe ich irgendwann einmal den Rappel gekriegt und habe<br />

gesagt, so jetzt mache ich einen Bruch und gehe wieder zurück nach Graz.<br />

– <strong>Das</strong> Haus haben deine Eltern gekauft?<br />

Edith – Nein, [betont:] gebaut, gebaut! Nein, das Haus ist mir ein Alptraum<br />

gewesen, weil wegen dem blöden Haus hätte ich nie irgendetwas anderes tun dürfen,<br />

weil: »<strong>Das</strong> ist ja nur das Haus, das wir für dich gebaut haben, und dafür ist<br />

kein Urlaub drinnen«, und kein Geld ausgeben. […] <strong>Das</strong> war <strong>Elend</strong>. Und vor fünf<br />

Jahren ist der Kanal pflichtmäßig eingeleitet worden, und da war meine Mutter<br />

auch schon 80 und da habe ich gesehen, das geht nicht mehr, da muss wer her.<br />

Und deswegen bin ich dann mit den Kindern hinaus.<br />

– Um das Haus zu erhalten oder um auf die Mutter zu schauen?<br />

Edith – Um näher zu kommen, weil meine Mutter sehr kommunikationsscheu,<br />

fast kommunikationsfeindlich ist, und mir klar war, dass diese Frau nicht in ein<br />

Altersheim gehen wird. Und um in der Nähe zu sein. Und ich bin einfach die einzige<br />

Verwandte, die es gibt. Und noch dazu, ein Haus habe ich sowieso gesucht<br />

und bevor ich mich für ein fremdes Haus abrackern muss und das Grazer Haus<br />

auch noch versorgen muss, dann schaue ich lieber nur auf eines. So ungefähr war<br />

das. Und dann schon auch der Bruch mit Wien, einfach zu sagen, okay, ich fange<br />

<strong>ganz</strong> neu an.<br />

– Die Kinder sind mit?<br />

Edith – Die sind mitgegangen und ich muss sagen, wir haben das erste halbe<br />

Jahr abwechselnd einmal am Tag geheult, weil wir von Wien weg sind [lacht].<br />

– <strong>Das</strong> war vor fünf Jahren, die Töchter sind beide Schule gegangen…<br />

Edith – Ja, vor fünf Jahren, in Wien sind beide Waldorfschule gegangen.<br />

– Und sind beide nach Graz an die Waldorfschule?<br />

Edith – Nein, eben nicht. <strong>Das</strong> habe ich mir dann auch nicht mehr geleistet, weil<br />

es mir zu teuer war. […]<br />

Es war für mich unfassbar<br />

– Und der berufliche Sprung von Wien nach Graz? Hast du da Befürchtungen<br />

gehabt?<br />

Edith – Ich habe weniger Befürchtungen gehabt. Und zwar, weil ich ja doch aus<br />

der Kulturszene gekommen bin und ich es doch gewohnt war, dass man zumindestens<br />

mit Projekten überleben kann, und dass zumindest eine gewisse Basis an<br />

Engagement für…, oder überhaupt an Möglichkeiten für Projekte auch in Graz<br />

gegeben sein muss. Ich hatte Graz ja noch in Erinnerung aus den 70er Jahren.<br />

Und wie ich dann zurückgekommen bin, habe ich geglaubt, mich trifft der Schlag<br />

[lacht].<br />

– Da warst du wie lange weg?<br />

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