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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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lich nicht so leicht, weil von einem großen Betrieb in einen kleinen wechseln…<br />

Erstens zahlen die einmal gleich um, sagen wir mal, vom Nettolohn her, 4000,<br />

5000 Schilling [ca. 290 bzw. 360 €] weniger, und arbeiten muss man aber dreimal<br />

so viel wie in einem großen Betrieb. In einem großen Betrieb, wie soll ich<br />

sagen, im Puchwerk waren so 5000, 6000 Leute. Es ist eigentlich für den Direktor<br />

nur interessant, was unterm Strich rauskommt. Wie viel Arbeit der jetzt macht<br />

und wie viel der, ist eigentlich wurscht. So lang das, was unterm Strich rauskommt,<br />

passt. In einem kleinen Betrieb hast du zehn Leute. Wenn einer ein bisschen<br />

langsamer greift, merkt man das sofort. In einem Großbetrieb siehst du den<br />

Chef ja nie. Und in einem kleinen arbeitet er direkt neben dir. Und der sagt dir<br />

halt: »Du, der da drüben war drei Minuten schneller als du. Warum?« [lacht] Was<br />

sagst darauf? Weil wenn’s dann so anfängt mit drei Minuten und so… In einer<br />

großen Firma, da bist du’s gewohnt, dass du in der Früh mal einen Kaffee trinkst,<br />

eine rauchst. <strong>Das</strong> geht in einer kleinen Firma nicht. Weil da schaut der Chef, wenn<br />

du nicht schon fünf Minuten vor Arbeitsbeginn startbereit an der Maschine stehst,<br />

dass die Arbeit losgehen kann. Bei der jetzigen Firma geht das zum Glück auch,<br />

das Kaffeetrinken. Und mit meiner Arbeit sind sie zufrieden. Und das ist halt<br />

schon viel. Denn wenn du einen Chef hast, der immer meckert, du bist immer<br />

noch zu langsam, und das passt nicht, und das passt nicht, da magst du gar nicht<br />

mehr arbeiten gehen. Nach dem Puchwerk war ich ein paar Monate arbeitslos.<br />

Eben weil ich mich nicht mit dem Stundenlohn habe anfreunden können, und<br />

dann eben nach sieben Monaten ist die Arbeitslosenunterstützung aus gewesen.<br />

Und von der Qualifikation her habe ich eigentlich kein Problem gehabt, dass ich<br />

was finde, weil Werkzeugmacher ist eigentlich eh universell.<br />

– <strong>Das</strong> ist ja auch eins der Handwerke, wo immer noch Arbeiter zu wenig sind.<br />

Franz H. – Ich bin eher der Ansicht, dass es ein langsam sterbender Beruf ist,<br />

weil eigentlich alles über Maschinen läuft, CNC-Maschinen. Ich kann mit der<br />

Hand nie so genau arbeiten wie eine Maschine. Und es ist mehr Maschinen einstellen<br />

und programmieren und so was gefragt.<br />

Die Leute, die Matura haben, die sind uns dann mehr oder weniger vorgesetzt<br />

worden<br />

– Spürst du das auch irgendwie?<br />

Franz H. – Ja, bei Aufstiegschancen. Leute, die handwerklich bei weitem nicht<br />

so gut sind, die haben eher Aufstiegschancen, weil er bessere Computerkenntnisse<br />

hat und eben eine andere Schulausbildung oder so. Da ist eigentlich die<br />

Materialkunde gar nicht mehr so wichtig, weil es gibt über den Computer eine<br />

zentrale Formel, mit der ich das umrechnen kann. <strong>Das</strong> sagt mir alles der<br />

Computer, die Schnittgeschwindigkeit und so weiter.<br />

– <strong>Das</strong> heißt, obwohl die weniger können, kommen die weiter?<br />

Franz H. – Handwerklich gesehen, ja.<br />

– Und was sind das für Leute?<br />

Franz H. – <strong>Das</strong> sind teilweise Studenten, die aufgehört haben, oder Leute, die<br />

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