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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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Künstler immer von ihren Mäzenen abhängig, also von ihren Auftraggebern. <strong>Das</strong><br />

Mäzenatentum gibt es jetzt nicht mehr, der Markt entscheidet, ob es Kunst ist,<br />

welche Kunst erfolgreich ist… Ich meine, bei Frauen ist es oft so, dass der Mäzen<br />

halt der Ehemann wurde, aber dann entwickelt sich die Kunst eher zum Hobby.<br />

Kunst wird in den Bereich Hobby transportiert. […] Man könnte sich natürlich<br />

schon über die künstlerische Arbeit finanzieren, aber man müsste halt sehr angepasst<br />

arbeiten und irgendwie ist das nicht meine Art zu arbeiten. Ich vernachlässige<br />

viel zu sehr den Werkcharakter in der Kunst. Ich arbeite mit der Wahrnehmung.<br />

Es ist ein Experimentieren in der Kunst und das ist für mich der Reiz<br />

der Sache.<br />

– Wie ist das dann mit den Aufträgen?<br />

Veronika – Die Aufträge sind eher die schlecht bezahlten Arbeiten. Ich trage<br />

das Risiko einer selbstständigen Unternehmerin mit allen sozialen Unsicherheiten.<br />

Es ist so, dass natürlich sehr viele Künstler und Künstlerinnen viele<br />

Sachen auch gratis machen und das ist ja eigentlich auch das Problem. Also, das<br />

Angebot ist ja groß und viele Künstler sind froh, wenn sie dann etwas verwirklichen<br />

können und arbeiten dann sehr eifrig und sehr gern. Unterbezahlt oder gratis.<br />

Viele finanzieren sich das Leben, indem sie einen anderen Beruf ausüben, sie<br />

unterrichten, oder viele beziehen Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe oder sind<br />

gut verheiratet. Ich kenn aber auch Künstlerinnen, die zwischendurch als Putzfrau<br />

jobben. Alles ist möglich.<br />

– Du hast bei unserem ersten Treffen das Finanzamt erwähnt. Bist du dort als<br />

Künstlerin eingestuft?<br />

Veronika – Ja. <strong>Das</strong> haben sie schließlich akzeptiert. Sie haben meine grafische<br />

Arbeit durchwegs als künstlerische Arbeit betrachtet, weil das Arbeiten waren,<br />

die mit dem Luftpinsel gemacht waren. Für mich ist das Handwerk. Die<br />

Ausgaben aus meiner künstlerischen Tätigkeit wollten sie als Hobby aus der<br />

Buchhaltung werfen, weil ich dafür zu wenig Einkommen vorzuweisen hatte. Ich<br />

befand mich mit dieser Androhung an der Kippe zum finanziellen Ruin. [Pause]<br />

Sie haben das angeschaut und ich habe gedacht, wie die dazu kommen, da<br />

Wertungen zu machen! Da haben sie keine Befähigung dazu. Dann hab ich ihnen<br />

zwei dicke Ordner mit Zeitungskritiken gezeigt. Wenn Kunstkritiker meine<br />

Projekte auf der Kunstseite besprechen, dann wird meine Tätigkeit wohl Kunst<br />

sein, oder? Ich lasse mich nicht von einem Finanzbeamten einstufen und bewerten.<br />

Akzeptiert haben sie es dann wegen meiner grafischen Tätigkeit, die ja<br />

eigentlich sonst sehr bekämpft worden ist, dass das ja keine künstlerische<br />

Tätigkeit sei. Aber das waren Entwürfe von Maschinen, die noch nicht existiert<br />

haben. Meine Grafik aber ist durchwegs sofort als künstlerisch beurteilt worden<br />

[lacht], weil halt handwerkliches Können dabei war. [Pause] <strong>Das</strong> Problem ist die<br />

Versicherung. Wenn man neben der normalen Arbeit noch künstlerisch tätig ist,<br />

muss man auch die Künstlerversicherung zahlen, das heißt, dass man zwei<br />

Versicherungen zahlen muss. Da gibt’s ja dauernd Diskussionen, Änderungen.<br />

Ich weiß gar nicht, wie das jetzt ausgegangen ist.<br />

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