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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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Job im Prinzip nicht brauchen. Aber bei einem anderen Fall sagt dann eine Frau:<br />

»Sie sind bis jetzt die Einzige, die mit mir normal geredet hat, die sich darum<br />

gekümmert hat.« Und das ist das, was mich freut. Wenn einer zu mir sagt: »Mei,<br />

Sie sind echt nett.« Oder wenn einer grantig hereinkommt und er dann sagt: »Tut<br />

mir Leid, Sie können ja eh nichts dafür.« <strong>Das</strong> freut mich. Da denk ich mir, okay,<br />

du hast das jetzt geschafft. <strong>Das</strong> find ich super, aber helfen kann ich ihm trotzdem<br />

nicht.<br />

– Also, auf der einen Seite der Job, auf der anderen Seite die Menschen – und<br />

das gibt ein Problem.<br />

Ingrid – Ja, natürlich. Wir haben Produkte, die haben einen wirtschaftlichen<br />

Aspekt und ich kann das den Leuten nicht einidrucken [schmackhaft machen],<br />

dass ich das als so super und so gut anpreis, wie eine Verkäuferin. Die muss auch<br />

um ihre Dinge werben. Und das ist das Gleiche. Wenn bei uns halt ein neues<br />

Produkt auf den Markt kommt und du eigentlich so im Laufe der Zeit mitbekommst,<br />

das es schon so seine Haken hat. [Pause] Aber das ist ja auch vom wirtschaftlichen<br />

Aspekt her klar, denn sie können nichts herschenken. Es muss<br />

irgendwo ein Geld herkommen auch, ja. Und ich kann aber das dem Kunden<br />

nicht so als Positives vermitteln, sondern für mich ist es wichtig, dass ich ihn<br />

wirklich aufkläre und sage, so schaut das aus. Zum Beispiel, dass sie die<br />

Umleitungen mitbezahlen müssen, wenn sie zwei Telefonanschlüsse machen<br />

wollen, aber von dem Produkt ist das eigentlich das, was ein Geld bringt, weil der<br />

permanent die Umleitungen mitzahlt. Ich muss das dem Kunden sagen, bevor er<br />

das Produkt kauft. Aber ich kann das nicht einfach nicht sagen, die anderen aber:<br />

»Ja, wenn dich niemand danach fragt?« Ich finde das wichtig, weil der kommt<br />

sonst nach einem Monat wieder oder nach zwei, wenn er seine erste Rechnung<br />

hat und fragt: »Warum habe ich da so viel Verbindungsgeld drauf?« […] Also, ich<br />

sag doch, man muss für den Kunden doch die günstigste Variante wählen.<br />

Deswegen steh ich oft auf dem Kunden seiner Seite und sag: »<strong>Das</strong> tut mir Leid,<br />

ich kann das Unternehmen auch nicht verstehen.« Und das glaub ich, wenn du<br />

dich mit der Firma nicht identifizieren kannst, du nicht dahinterstehen kannst,<br />

dann macht es das alles noch viel schlimmer.<br />

[…]<br />

Totale Isolation<br />

Ingrid – Zur Zeit ist es so, dass du mit den Leuten [Kollegen und Kolleginnen]<br />

halt nicht kommunizieren kannst. Wir haben das letzte Mal festgestellt, dass es<br />

bei uns immer schlimmer wird. Wir können uns drinnen relativ schwer austauschen.<br />

Du kannst dich mit dem austauschen, mit dem du Nachtdienst hast, weil<br />

da eben Zeit ist, wo du kommunizieren kannst. Früher war es so, wenn du in die<br />

Pause gegangen bist und in den Pausenraum, da waren immer 5 bis 6 Leute da.<br />

Du bist halt reingegangen und hast über die Kunden geschimpft, oder du hast dich<br />

halt über irgendwelche Sachen ausgelassen oder Sachen besprochen. Zur Zeit ist<br />

es so, wenn ich in die Pause gehe, ist an und für sich niemand im Pausenraum. In<br />

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