20.11.2014 Aufrufe

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Männer, die Familie haben, die schon lange Taxi gefahren sind, bevor sie schon<br />

einmal einen Job gekriegt haben. Da habe ich einige da: »So und jetzt haben Sie<br />

endlich einen Job, aber nur einen schlechten Vertrag und jetzt müssen Sie wahrscheinlich<br />

die Schule verlassen.« Gott sei Dank ist es bei uns noch nicht soweit,<br />

das muss ich immer wieder betonen. Wir sind in der glücklichen Lage, bisher das<br />

alles abfangen zu können. Wie es sich weiter entwickelt…, ich weiß es nicht. Es<br />

wird am falschen Ort gespart. Ich stehe zur Republik Österreich. Ich habe meinen<br />

Eid bei Dienstantritt abgelegt, aber ich verstehe es nicht, dass diese Republik,<br />

für die ich jetzt 36 Jahre gearbeitet habe, der ich wirklich aus bestem Wissen und<br />

Gewissen gedient habe, sich ernstlich Sorgen darüber macht, welcher Draken-<br />

Nachfolger gekauft werden soll, um Zig-Milliarden, und beim Schulwesen, bei<br />

der Bildung wird alles derartig restriktiv behandelt. Da setzt mein Verständnis<br />

ehrlich aus. <strong>Das</strong> kann ich nicht nachvollziehen. Dafür kann ich auch nicht mehr<br />

mein Ja geben. <strong>Das</strong> ist unmöglich. <strong>Das</strong> ist doch das größte Gut, das wir haben.<br />

Unsere Kinder. Wenn die nicht ausgebildet sind! Der Ruf nach Fremdarbeitern –<br />

also, das ist ein blöder Ausdruck – also, nach gut ausgebildeten Menschen, zum<br />

Beispiel im Computerwesen, die will man holen mit dem Argument, dass wir die<br />

Leute nicht hätten. Ja, da muss man was tun, dass auch unsere Leute gut sind,<br />

dass die was leisten können. Da muss man eben der Schule mehr zur Verfügung<br />

stellen. Bitte, das ist meine <strong>ganz</strong> persönliche Meinung. Ich sage Ihnen <strong>ganz</strong> offen,<br />

wie ich denke und fühle. Ja, so ist es. <strong>Das</strong> sind die Dinge, die mich sehr belasten.<br />

Aber ich bin noch nicht so alt, dass ich das nicht doch schaffen könnte. Ich muss<br />

optimistisch sein, sonst schaffe ich diesen Teufelskreis allerdings gar nicht mehr.<br />

Die Suche nach der Schuld<br />

– Ein anderes Problem, so erzählten Sie mir bei unserem ersten Treffen, sind<br />

die vielen Kinder, die es nicht schaffen. Meinten Sie die Schulversager?<br />

Herr Winter – Schulversager, das sind zum Teil jene, denen es gut geht, die<br />

können sich alles leisten, und wollen eigentlich nicht, denen fad ist, denen die<br />

Schule ein Gräuel ist, weil da Regeln sind, an die sie sich nicht halten können und<br />

die dann irgendwohin abhauen. Aber hauptsächliches Problem in meinen Augen<br />

ist die Situation in den Familien. Nicht so sehr, was die wirtschaftliche Situation<br />

betrifft, sondern was die Situation zwischen den Ehepartnern betrifft. Wir haben<br />

eine <strong>ganz</strong>e Reihe von Problemschülern und Problemschülerinnen, wo die Ehen<br />

zu Grunde gegangen sind, wo die Mütter saufen, der Vater auch, sie haben sich<br />

getrennt und, und, und. Wenn da die Ehen dann auseinanderbrechen und die<br />

Kinder das miterleben, was sich da abspielt zwischen Vater und Mutter, und die<br />

dann damit konfrontiert sind… Wir haben zum Beispiel einen Schüler, dessen<br />

Mutter hat sich erhängt. Sie war sehr labil, der Vater hat sich nie um den Buben<br />

gekümmert, und der hängt total in der Luft. Natürlich kann man sagen, ja, der<br />

stammt aus einem Umfeld heraus, materiell nicht begütert. Aber dennoch hat das,<br />

so glaube ich, die Grundlage darin, dass die Elternteile irgendwo versagt haben.<br />

– Was können Sie für ihn tun?<br />

145

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!