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(Hg.) – Das ganz alltägliche Elend - Löcker Verlag

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freien Kapitalismus zur Kategorie der »Überflüssigen der Gesellschaft« Erklärten<br />

und diejenigen, die sich im »Prozess des Überflüssigwerdens« 48 befinden, können<br />

sich hierzulande noch einige Zeit hinter prekären Bastelexistenzen verbergen.<br />

Ihre Existenzen bestehen aus einer Mischung zwischen abgestufter Teilhabe<br />

und weitgehendem Ausschluss von den Begünstigungen der Erwerbsarbeitsgesellschaft.<br />

Die Verschärfung der sozialen Ungleichverteilung zwischen<br />

Männern und Frauen, Inländern und Ausländer, den Bewohnern von Zentren oder<br />

peripheren Regionen und die verstärkte Diskriminierung von bestimmten<br />

Altersgruppen, von Behinderten, Kranken und denjenigen, die dem geforderten<br />

Leistungsdruck nicht gewachsen sind, ist evident. 49 Sie bleibt, wenn nicht energische<br />

wirtschafts- und sozialpolitische Gegenmaßnahmen ergriffen werden,<br />

auch in Österreich nicht länger im Verborgenen.<br />

Am Ende der Arbeitsgesellschaft?<br />

Als sich vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten abzeichnete, dass durch den verstärkten<br />

Einsatz neuer produktivitätssteigernder Technologien und die<br />

Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer der Bedarf an Arbeitskräften in<br />

der westlichen Arbeitsgesellschaft sinken würde, machte das Schlagwort der<br />

»Zwei-Drittel-Gesellschaft« Karriere. Demnach werde sich ein Drittel der<br />

Gesellschaftsmitglieder in Hinkunft mit der Tatsache abzufinden haben, vom existenzsichernden<br />

Arbeitsmarkt und damit vom Wohlstand ausgeschlossen zu sein.<br />

Diese »natürliche Rate der Arbeitslosigkeit« und die daraus resultierende gesellschaftliche<br />

Spaltung in Eliten und Heloten müsse hingenommen werden.<br />

Immerhin profitiere die Mehrheit der Gesellschaft von dieser Entwicklung. Dies<br />

sei zwar für die Verlierer hart, für eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung in der<br />

modernen Wissensgesellschaft aber insgesamt unerlässlich.<br />

Daneben existierten auch sozialromantische Utopien. Wenn die Arbeit ausgeht,<br />

so die Logik dieser Visionen, dann verlieren die Machthaber der Arbeitsgesellschaft<br />

auch die Grundlage ihrer Herrschaft. Sie würden ihre Verfügungsmacht<br />

über die lebendige Arbeitskraft, die immer weniger gebraucht werde, abgeben.<br />

Die Arbeitslosigkeit werde normal und entproblematisiert, 50 entstigmatisiert<br />

und seinen Trägern und Trägerinnen kein Unbehagen mehr bereiten. 51 Die<br />

Bedeutung von Erwerbsarbeit werde zurückgehen und die Menschen sollten an<br />

die Zeit nach der Arbeitsgesellschaft zu denken beginnen. Diese optimistische<br />

Sichtweise auf das Ende der Arbeitsgesellschaft verflog sehr bald angesichts der<br />

realen Entwicklung. 52 Wie vorhergesagt, stieg die Arbeitslosigkeit, was aber keineswegs<br />

zu »glücklichen Arbeitslosen« führte. Im Gegenteil, das rarer werdende<br />

Gut Arbeit gewann an Gewicht für jeden Einzelnen, weil der Zugang zur<br />

Arbeitswelt mehr denn je über die Lebenschancen aller Gesellschaftsmitglieder<br />

entschied. 53<br />

Diese neue Herrschaftsform profitiert von der unerbittlichen Konkurrenz um<br />

Arbeit, die sich zu einem sozialdarwinistischen Kampf aller gegen alle ausgewei-<br />

28

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